Full text: H. A. Daniels Lehrbuch der Geographie für höhere Unterrichtsanstalten

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§53. Das chinesische Reich. 
vor allem das kreisförmige, zur Hälfte vom Meer umgebene Land China 
selbst, zusammen ein Gebiet von 11 Mill. qkm (also größer als Europa). 
Ein Kaiser herrscht über dasselbe; doch ist seine Macht durch das Her¬ 
kommen sehr beschränkt. Er sowohl (Dynastie Tsing) wie die Großen 
des Reiches gehören den M and sch u an, die 1644 China eroberten. Der 
Titel des Kaisers ist „erhabener Herrscher"; durch deu Beinamen „Sohn 
des Himmels" soll er als der vom Himmel, d. h. vom Schicksal, mit der 
Regierung Beauftragte bezeichnet werden. Die Beamten nennt man in 
Europa Mandarinen. Einheitsstaat ist China 200 Jahre vor Christi 
Geburt durch die Vereinigung von sieben Königreichen geworden, deren 
Sondergeschichte noch um mehrere Jahrtausende weiter zurückreicht. 
Mehrere wichtige Erfindungen (Porzellan, Schiehpulver, Buchdruckerkunst, 
Kompaß) haben die Chinesen lange vor uns gehabt, ja in einzelnen Ge¬ 
werben und Künsten sind sie uns noch heute überlegen. Aber bis in die 
jüngste Zeit haben die Chinesen den Europäern und der europäischen Kultur 
den Eintritt in ihr Reich verwehrt; erst seit 1842 ist das Land den Fremden 
geöffnet. 
Die chinesische Sprache besteht aus etwa 500 einsilbigen Grund¬ 
worten, die aber durch verschiedene Akzentuierung und durch den Zusammen¬ 
hang verschiedene Bedeutung erlangen. Eine Buchstabenschrift gibt es 
nicht, sondern jedes Wort hat sein besonderes Zeichen. Man zählt etwa 
25 000 Schriftzeichen. Die chinesische Literatur ist sehr reich, und die Ge¬ 
lehrten bilden einen durch strenge Prüfungen erprobten, sehr geachteten 
Stand. 
Eine Art Vernunftreligion ist die Lehre des Konfuzius, welche 
das Schicksal als allwaltend lehrt und Selbsterkenntnis empfiehlt. Indes 
die große Masse der niederen Klassen übt nur Ahnenkultus oder folgt einem 
ganz rohen Götzendienst. Im Süden hat sich der aus Indien eingeführte 
Buddhismus weit ausgebreitet. Das Christentum hat schon im Mittel¬ 
alter in China Bekenner gefunden, und in der neueren Zeit haben katho¬ 
lische, seit dem Anfang des vorigen Jahrhunderts auch evangelische Missio¬ 
nare hier gearbeitet. 
Durch den von England und Frankreich siegreich mit China geführten 
Krieg von 1860 sind heute etwa 40 Orte, sogen. Freihandelsplätze, dem 
Fremdenverkehr geöffnet, darunter besonders Kanton und Schanghai 
[schanghe). In Peking haben die meisten europäischen Mächte wie auch 
die Vereinigten Staaten, Japan und Korea ihre Gesandten. Die Fremden 
dürfen im ganzen Reiche ungehindert reisen, auch das Christentum wird 
nicht mehr verfolgt. Das Volk zeigt sich meist nicht unfreundlich den 
Fremden gegenüber; aber unter dem Haß der Mandarinen gegen die
	        
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