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den Fittichen verbergen könnt. Das dünkt mir aber
beinahe unmöglich. Wie kannst du denn deinen Hals so
herumbiegen? Wie machst du das wohl? Zeige mir
das doch einmal!“
Das Wasserhuhn wollte es jetzt dem Fuchse zeigen
und steckte seinen Kopf unter den Flügel. Diesen Augen¬
blick hatte der Fuchs erwartet. Er erhaschte jetzt den
unvorsichtigen Vogel und verzehrte ihn, indem er sagte:
„Andern hast du raten können, dir selbst aber nicht!“
79. Strohhalm, Kohle und Bohne.
Brüder Grimm.
In einem Dorfe wohnte eine arme alte Frau, die
hatte ein Gericht Bohnen zusammengebracht und wollte
sie kochen. Sie machte also auf ihrem Herd ein Feuer
zurecht, und damit es desto schneller brennen sollte,
zündete sie es mit einer Hand voll Stroh an Als sie
die Bohnen in den Topf schüttete, entfiel ihr unbemerkt
eine, die auf dem Boden neben einen Strohhalm zu liegen
kam; bald danach sprang auch eine glühende Kohle vom
Herde zu den beiden herab. Da fing der Strohhalm an
und sprach: „Liebe Freunde, von wannen kommt ihr
her?“ Die Kohle antwortete: „Ich bin zu gutem Glück
dem Feuer entsprungen, und hätte ich das nicht mit
Gewalt durchgesetzt, so war mir der Tod gewiß; ich
wäre zu Asche verbrannt.“ Die Bohne sagte: „Ich bin
auch noch mit heiler Haut davongekommen; aber hätte
mich die Alte in den Topf gebracht, ich wäre ohne
Barmherzigkeit zu Brei gekocht worden, wie meine
Kameraden.“ — „Wäre mir denn ein besser Schicksal
zu teil geworden?“ sprach das Stroh; „alle meine Brüder
hat die Alte in Feuer und Rauch aufgehen lassen; sechzig
hat sie auf einmal gepackt und ums Leben gebracht.