S c ch s 1 es B ll ch.
(Vom Jahre 1648 bis zum Jahre 1806.)
1.
Du blühetest, die schönste aller Elchen,
Germania, im tiefsten Kern gesunde;
Als dir der Römer gegenüberstuude,
Könnt' an die Aeste dir sein Speer nicht reichen.
Da schlug ein andrer Feind mit list'gen Streichen
Dir von der West seit' eine tiefe Wunde,
Hieb von den Aesten manche dir zum Grunde,
Und zimmerte daraus sich Siegeszeichen.
N ü ck e r t.
Auf dem Throne Frankreichs saß damals König Ludwig XIV., welcher
in seiner ungeheuren Macht von sich sagen konnte: „Ich bin der Staat."
In diesen wenigen Worten ist der ganze Egoismus des stolzen Despoten
und zugleich die traurige Lage des ihm untergebenen Volkes ausgedrückt; die
Willkür des Einzigen war das höchste Gesetz für Alle. Jene Worte drück¬
ten aber auch leider die Grundsätze der meisten deutschen Fürsten in dama¬
liger Zeit aus. Denn fast jeder wollte ein Ludwig XIV. im Kleinen sein,
und leider fehlte es auch ihnen dazu weder an Gewissenlosigkeit, noch an
elenden Günstlingen und an verworfenen Frauen, welchen sie die größte
Gewalt in Regicrungssachen überließen, noch endlich an niederträchtigen
Schmeichlern, welche alles priesen, was irgend die Mächtigen sich zu thun
erlaubten. Die wenigsten deutschen Fürsten und Reichsstände durchschauten
die feindseligen Absichten Ludwigs XIV. gegen Deutschland. Dieser König
wollte es nämlich innerlich schwächen und eine schöne Landschaft nach der
andern vom Reiche abreißen und mit Frankreich vereinigen, zur Verherrli¬
chung seines Ruhms.
Die deutsche Kaiserkrone war im Jahre 1657 durch den Tod Ferdinands
III. erledigt worden. Da bot Frankreich Alles auf, Versprechungen und Be¬
stechungen, um die Wahl der Kurfürsten von dem Hause Habsburg abzu¬
lenken und jene Krone für sich zu gewinnen. Die katholischen Kurfürsten
zeigten sich dazu geneigt; die protestantischen hingegen setzten cs durch, daß
Ferdinands III. Sohn, der Erzherzog Leopold, 1658 zum römischen König
und Kaiser erwählt und gekrönt wurde. Kaiser Leopold war ein mild-
gesinnter Mann, aber leider auch gar schwach von Willen, bigott und den
Jesuiten blind ergeben, welche seine Bigotterie und Schwäche schlau zu ihren
Zwecken benützten. Was konnte ein solcher unentschlossener Charakter, ohne