Full text: Lehrbuch der Geographie für höhere Unterrichtsanstalten

Die Schweiz. 445 
Uri und Unterwalden gesetzt: da verschworen sich die 
Männer der drei genannten Waldstätten^ auf der Wald- 
wiese Rütli (am Vierwaldstätter See) und am 1. Januar 
1308 brach der Aufstand los. Die Vögte wurden verjagt 
und die Ermordung des Kaisers durch seinen Neffen schützte 
die Eidgenossen — so nannten sie sich — vor seiner 
Rache (Geschichte von Tell, mit Recht angezweifelt). Gegen 
die Eroberungspläne des Hauses Oesterreich stritten die 
Schweizer mannhaft und siegreich (Schlachten von Morgar- 
ten 1315 und Sempach 1386, Arnold von Winkelried), ja 
sie eroberten viele österreichische Stammgüter im Aaregebiet. 
Ueberhaupt traten immer mehr Städte und Landschaften zu 
ihrem Bunde, der aber erst 1648 vom Reiche losgesprochen 
ward. Vor der französischen Revolution bestanden 13Cantone 
oder Orte, nach der Zeit des Eintritts in den Bund geordnet: 
Uri, Schwhz, Unterwalden, Luzern, Zürich, Gla- 
sns, Zug, Bern, Solothurn, Freiburg, Schaff- 
Hausen, Basel, Appenzell. Diese hatten Schutzgenossen 
oder zugewandte Orte und Unterthanen. An Unruhen 
und innerer Zerrissenheit fehlte es niemals. Im 16. Jahr- 
hundert hatte sich auch die Schweiz in einen katholischen und 
einen resormirten Theil gespalten; der Schweizer-Reformator 
Zwingli siel selbst im Bürgerkriege. In den einzelnen 
Orten kämpfte meist eine aristocratische und democratische Partei. 
Dabei war es allgemeine Sitte, die Söhne der freien Schweiz 
in fremden Militärdienst gehen zu lassen. In den Stürmen 
von 1789 bis 1814 wurden auch alle Verhältnisse der Schweiz 
aufgewühlt und umgestaltet: der Wiener Eongreß ordnete sie 
neu. Danach sollte die Schweiz eine ewige Neutralität genießen 
und in 22 Cantone zerfallen. Drei Eantone, Bern, 
Zürich, Luzern, sollten abwechselnd die allgemeinen Ange- 
legenheiten des Bundes leiten, in den genannten drei Orten 
auch von Zeit zu Zeit die Gesandten der Contone zur Tages- 
satzuug zusammenkommen. Im Jahre 1848 hat sich die 
Schweiz eine neue Verfassung gegeben. Sie besteht aus 22, 
oder, da drei Cantone in völlig von einander unabhängige Halb- 
cantone geschieden sind, aus 25 Eautonen. Die ausübende Gewalt 
hat ein Bundesrath mit einem Präsidenten an der Spitze. 
Die gesetzgebende Gewalt hat die Bundesversammlung, 
welche aus dem Ständerathe und dem Nationalrathe 
besteht. Der beständige Sitz dieser Bundesbehörden ist Bern.
	        
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