§ to-*. Lage, Größe, Grenzen und horizontale Gliederung Europas. 101
Die politische Ostgrenze Europas stimmt mit der natürlichen nicht
überein. In der Verwaltung des russischen Reiches wird nicht nur das Land zwischen
dem Ural-Fluß und der Wolga, sondern auch ein ziemlich umfangreiches Gebiet
im 0. des Ural bis zum Tobol hin zum europäischen Rußland gerechnet.
Von den Inseln des Mittelländischen Meeres gehören zu Europa
die Cykladen, Candia, die Jonischen Inseln, Sicilien,
Malta, Sardinien, Corsica und die Balearen, ferner die
Britischen und Dänischen Inseln, die Fär-Ar und Nowaja
Semlja. Außerdem rechnet man dem Erdteil noch die rein
ozeanischen Azoren und Island zu, weil sie seit Jahrhunderten
politisch mit demselben verbunden sind, oft auch das polare Spitz¬
bergen.
In den angegebenen natürlichen Grenzen beträgt die Größe
Europas fast genau 10 Millionen qkm. Davon entfällt nur ein
kleiner Bruchteil auf die nördliche kalte, der bei weitem größte auf
die nördliche gemäßigte Zone.
Die äußersten Punkte des Festlandes sind: im N. das Nordkap
71", 12' n. Br., auf der kleinen Insel Magerö, im W. Kap
Roca 9°, 30' w. L. v. Gr. in Portugal, im 8. Kap Tarifa,
36° n. Br. in Spanien, und Kap Matapan, 36°, 20' n. Br. auf
Morea. Im 0. zieht der Ural fast beständig dem 60. Meridian östl.
v. Gr. entlang.
Europa ist von allen Erdteilen der am meisten ge¬
gliederte. Auf Halbinseln und Inseln entfallen 3} Millionen qkm,
also mehr als ein Drittel der gesamten Fläche. Der Rumpf Europas
stellt annähernd ein rechtwinkliges Dreieck dar, dessen Endpunkte das
Nordende des Ural, die Mündung der Wolga und der innerste Punkt
des Busens von Biscaya sind. Unter den Gliedern Europas sind
vier große, welche selbständige Landschaften darstellen, die Skandi¬
navische Halbinsel, welche an Größe alle übrigen zusammen
genommen übertrifft und in drei Teile, Finnland, Kola und
Skandinavien im engeren Sinne, zerfällt, und die drei südlichen,
Pyrenäen, Apenninen- und Balkan-Halbinseln. Die
kleineren Glieder sind: an der Nordwestseite die Halbinsel Kanin,
die flachen Vorsprünge von Livland und Kurland, die Jütische
Halbinsel, Cotentin und Bretagne, an der Südseite der
flache Vorsprung der Provence und die Krim.
Europa tritt mit zweien der großen Weltmeere, dem nördlichen
Eismeer und dem Atlantischen Ozean, in Verbindung. Das
Eismeer ist nahe den Küsten Europas flach. Von ihm tritt östlich der
Halbinsel Kanin der Tscheskaja-Busen, weit tiefer im W. der¬
selben das in drei Buchten sich teilende Weiße Meer in den Rumpf
Europas vor. Der Boden des Atlantischen Ozeans sinkt längs der
Küsten Skandinaviens und der Pyrenäen-Halbinsel rasch zu großen
Tiefen hinab. Die atlantischen Küsten der Britischen Inseln und
Frankreichs dagegen werden von einem breiten Streifen von Flachmeer
begrenzt. Zwischen Frankreich und die Pyrenäen-Halbinsel schiebt sich
der Busen von Biscaya ein.