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Das Königreich Italien.
Kapelle mit den großartigen Fresken Michel Angeles, die Säle (Stanze) mit Raphaels
wunderbaren Malereien, sowie in der Antikensammlung die herrlichsten Kunstschätze des
klassischen Altertums.
Südöstlich von Rom erhebt sich die mit schattigen Wäldern bedeckte vulkanische
Gruppe der Albaner Berge, noch jetzt wie vor Jahrtausenden der beliebte Sommer¬
aufenthalt vornehmer Römer. Gegen das Meer hin dehnt sich die trostlos öde Cam-
pagna aus. Nur die Ruinen alter Grabmäler und Wasserleitungen bieten sich hier
dem Auge dar und die sieberbrütende Lust zwingt den Wanderer zu schleuniger Flucht.
Südlich schließen sich die Pontinischen Sümpse an, eine im herrlichsten Grün
prangende, von Herden halbwilder Büffel belebte Gegend, deren Lust indes ebenfalls
dem Menschen gefährlich ist.
Während in Rom alles an eine großartige Vergangenheit erinnert, ist
Neapel (500 000 Einwohner) vorzugsweise die Stadt der heiteren Gegenwart.
Am mittleren dreier herrlichen Golfe, in der fruchtbaren Campagna felice, mit
einer Umgebung, die alle Schönheiten nnd Schauer der Natur vereinigt, ist die
Lage Neapels — besonders vom Meere gesehen — unvergleichlich. Im Inneren
bietet die Stadt, welche zahlreiche krumme und schmale Straßen hat, wenig Her¬
vorragendes; merkwürdig ist dagegen das vom heiteren Himmel begünstigte, ja
hervorgerufene Leben und Treiben der Bevölkerung auf den Straßen.
Von allgemeiner Bedeutung sür das wissenschaftliche Studium der Seetiere ist
die am Strande Neapels von einem Deutschen (Professor Dohrn) eingerichtete erste
zoologische Station, ein großartiges Institut, an dem Forscher aus allen Ländern arbeiten.
Längs der Ostküste des Golss von Neapel erhebt sich in paradiesischer Umgebung
eine fast ununterbrochene Reihe von Ortschaften, überragt von dem flachen Kegel des
Vesuv (1290m), den die Fclsmasse der Somma halbkreisförmig wie ein Mantel um¬
gibt. Die Somma ist der Rest eines früheren, ungleich größeren Kraters, der haupt-
Fig. 92.
Der Vesuv, vom Meere gesehen.
sächlich die ungeheuren Lava- und Aschenmassen auswarf, welche den Boden der
Campagna bilden. Aber auch die Ausbrüche des Vesuv selbst haben im Lause der
Zeiten beträchtliche Veränderungen der umgebenden Oberfläche hervorgerufen nnd^unter
anderen dte römischen Städte Herkulanum, Pompeji und Stabiä^(im ^ahre
79 v. Chr.) unter Aschen- und Lavaschichten begraben. Erst im vorigen Jahrhundert
Hat man die Wiederausgrabung begonnen und dadurch (besonders in Pompeji) höchst
interessante Einblicke in das Leben und Treiben der Provinzialstädte zur Zeit der
Blüte Roms gewonnen. Westlich von Neapel dehnen sich die Phlegräischen Felder