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Zur Klimalehre.
tritt hier ein Abströmen vom Orte des höheren gegen die Gebiete des niedrigeren
Luftdruckes ein, d. h. die Luft strömt wieder an der Erdoberflüche beiderseits gegen
den Äquator. Das sind die beiden Gürtel der Passatwinde. Zwischen
Äquator und etwa 30° n. und s. Breite findet also ein vollständig
geschlossener Kreislauf der Luft statt.
Der absteigende Luftstrom in der Nähe der Wendekreise erzeugt — wie der auf-
steigende innerhalb der Kalmen — gleichfalls leichte veränderliche Winde und Wind-
stillen. Diese Gebiete bezeichnet man als die Kalmen der Wendekreise oder
auch als „Roßbreiten". Dieser seltsame Name kommt daher, daß früher die von
Neu-England nach Westindien mit einer Deckladung von Pferden bestimmten Schisse
in dieser Kalmenregion oft fo lange aufgehalten wurden, daß man aus Mangel
an Wasser einen Teil der Pferde über Bord werfen mußte.
2. Die nun folgenden Breiten der gemäßigten Zone werden von West-
winden beherrscht. Sie entstehen durch die häusig wechselnde Verteilung des
Luftdruckes, weshalb dieses Gebiet auch die Zone der veräuderlichen
Winde genannt wird. Diefe Lnftdruckveränderungeu werden wieder verursacht
durch den starken Wechsel der Erwärmung im Laufe des Jahres, durch die ver-
schiedene Verteilung von Wasser und Land, die wechselnde Bewölkung u. a.
Winde und Niederschläge.
Der Wind, der natürliche Träger des Wasserdampses, erscheint häusig
genug als Speuder des Regeus, aber nur unter folgenden Bedingungen:
1. Winde, die von wärmeren nach kühleren Gegenden wehen, bringen
Regen, da die von ihnen mitgeführten Wasserdämpfe verdichtet werden; Winde,
die von kühleren nach wärmeren Gegenden wehen, sind regenlos; denn stark er-
wärmte Luft vermag eine große Menge Feuchtigkeit in sich aufzunehmen. Daher
tragen die Antipaffate Regen in die außertropischen Zonen, die Passate aber
sind trocken. Auch der große Wüsten- und Steppengürtel der Alten Welt, der
von der Sahara bis Jnnerasien hinüberzieht, verdankt seine Regenarmut dem
Vorherrschen nördlicher und nordöstlicher Winde, die über weite, stark erhitzte
und trockene Laudslächen hinstreichen.
2. Winde, die vom Gebirge zum Ansteigen gezwungen werden, führen
Regen herbei < Steigungsregen). Die an den Gebirgskämmen emporsteigenden
Luftmassen kühlen sich an den kalten Gehängen ab, der Wasserdampf verdichtet
sich und wird zuletzt iu Form von Regen und Schnee ausgeschieden. Wo
daher Gebirge von Luftströmung eu getroffen werden, die stark
mit Feuchtigkeit beladen sind, finden fich die niederfchlagreichsten
Gegenden der Erde. Diese sind der Südostabhang des Himalaya, besonders
bei Tscherra Pundschi, nördlich von Kalkutta, wo der ostiudische Monsun das
Gebirge erreicht und die Niederschlagshöhe 12,5 irr im Jahre erreicht (1861
22,9 m), die Westghats (8 m), die Kamernnküste (4 m), der Südfuß der Alpeu
(Tolmezzo 2,4 m), die Westküste von Nordengland (im Seendistrikt von Cnmber-
land 4,8 m), von Schottland und Norwegen (3—4 m), die Küste von Nord-
Westamerika (Sitka 2,2 m), die Westküste von Patagonien (Valdivia 2,7 m), die
Westküste von Neuseeland (2,8 m).