Full text: Geschichte des Alterthums (Theil 1)

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großer Gefahren und Mühseligkeiten, das Gemüth zu stählen und 
zu stärken gegen innerlichen Sturm; sie fanden in ihr feierliche 
Hoheit und einfache Großartigkeit, welche sich zum Strengen und 
Harten hinneige und dem Leidenschaftlichen und Schwärmerischen 
entgegenstehe. Wie in allen anderen Kreisen des Lebens, so waren 
auch in der Musik die Spartaner, wie die Dorier überhaupt, Freunde 
des Alten. Die Musik, welche in früherer Zeit weitmehr vom gan¬ 
zen Volke geübt wurde und zur allgemeinen Volkserziehung gehörte, 
stand unter der Aufsicht des Staates. Denn man betrachtete sie 
nicht nur als den Ausdruck der allgemeinen Sitte und Stimmung, 
sondern glaubte auch, daß sie auf die Sitten einen wichtigen Ein¬ 
fluß ausübe. An den Festen führten Knaben und Männer große 
Chöre auf, und auch das weibliche Geschlecht saug und tanzte öffent¬ 
lich, bald mit den Männern zusammen, bald für sich allein. Wenn 
nun alle an diesen Chören Theil nehmen konnten, so mußten auch 
alle von Kindheit auf dazu geübt und erzogen und eine gewisse 
musische Bildung allen Spartiaten gemein sein. 
Dcr Tanz. Mit der Musik war der Tanz eng verbunden. Wo der Tanz 
nicht bloß die Rhythmen der Musik begleitet, sondern für sich als 
Hauptsache hervortritt, neigt er sich entweder auf die Seite der 
Gymnastik oder der Mimik, er stellt entweder vorzugsweise körper¬ 
liche Gewandtheit und Eurhythmie dar, oder will bestimmte Em¬ 
pfindungen ausdrücken und Erscheinungen des Lebens nachahmen. 
Die gymnastische Orchestik war nirgends mehr zu Hause als zu 
Sparta, wo der Zusammenhang der Musikschule und der Palästra 
und beider wieder mit den kriegerischen Uebungen enger war als 
irgendwo. Schon der Marsch der Spartiaten wurde durch die mu¬ 
sikalische Begleitung eine Art Tanzschritt. Durchdringend schallten 
die Flöten, wenn die gesammte Zahl der Flötenbläser den Marsch 
zum Angriff blies. Besonders hatte eine bestimmte Weise des Mar¬ 
sches, das Kastoreion, in Takt wie Melodie etwas ungemein Anre¬ 
gendes und Herzstählendes. Noch Alexander der Große fühlte sich 
durch des Kastoreion immer zur Tapferkeit entflammt. Ein belieb¬ 
ter Waffentanz war die Pyrrhiche, welche alle Schutzweudungen 
durch Ausbeugung von Stoß und Wurf, Zurückweichen, Aufspringen 
und Zusammenkrümmen nachahmte, und ebenso die entgegengesetzten 
Bewegungen des Angriffs. Die Verbindung Don Gymnastik und 
Orchestik zeigte sich im Pentathlon, in welchem sich allseitige Ge¬ 
wandtheit, spielende Kraft und rhythmische Bewegung, durch das 
begleitende Flötenspiel geleitet, kund gab. Die religiösen Tänze, 
zu welchen zugleich Hymnen auf die Gottheit gesungen wurden, 
dienten zum Ausdruck einer Empfindung, während die mimischen 
Tanze Erscheinungen aus dem Leben mit Spaß und Scherz nach¬ 
ahmend darstellten. Besonders waren es in Lakonika die untern 
Stände, welche sich der Neigung zur Possenreisserei mit größerer 
Freiheit überlassen durften. Von den Mothaken hatte eine Art 
ausgelassenen Tanzes den Namen, in dem vermuthlich Trunknc dar¬ 
gestellt wurden. 
Dicdonschc Die Neigung der Dorier zu Musik und Tanz hatte auch gro- 
an ‘ ßcn Einfluß auf den Charakter dcr dorischen Lyrik; diese war erstens
	        
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