Assyrien. Mesopotamien.
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Die südliche Hälfte des von den alten Geographen als eigentliches
Assyrien bezeichnten Landes bis zum Flusse Diala und der baby¬
lonischen Alluvialebene hin ist, mit Ausnahme der östlichen Höhen¬
landschaft und eines schmalen Streifens an ihrem Fusse, sowie längs
des Tigris, durchaus wasserlose Wüste.
*) Misbräuchlich wird nach dieser bedeutenden Stadt der entscheidende
Sieg Alexanders, der dann hier sein nächstes Hauptquartier nahm, gewöhn¬
lich benannt, statt nach dem unbedeutenden Oaugamela im Westen des Zab.
SO. Mesopotamia, genauer q fjbsör] rcov ttotcc^mv
nannten die griechischen Eroberer in rein geographischem Sinne das
vom Euphrat und Tigris nach ihrem Austritte aus den Vorketten des
Tauros (in ca. 300m Höhe) in ihrem Mittelläufe bis zur babylonischen
Tiefebene hin umflossene Land1). Es ist eine von NW. nach SO. sanft ge¬
neigte Ebene, deren oberer Teil, namentlich am Euphrat, zum Ackerbau
noch hinreichend bewässert ist, während die grössere untere Hälfte
vom Euphratzufluss Chabör und der vereinzelten Berggruppe von
Singara abwärts eine den grössten Teil des Jahres wasserlose Steppe,
stellenweise völlige salzhaltige, mehr Jagdgründe als Weideplätze ent¬
haltende Wüste bildet. Daher gehörte ethnographisch dieses meso-
potamische Land den drei räumlich sich hier berührenden grossen
semitischen Stämmen an: der östliche Strich am Tigris den As Syrern
der nordwestliche zwischen Chabor und Euphrat den Aramäern
(Syrern), die südliche Steppe den arabischen Wanderhorden (AQccßsc
axrjvtzcu), durch deren Mittelland, die nur in und nach der Regenzeit
benutzbare, die Flusskrümmungen vermeidende gerade Karawanen¬
strasse vom obern Syrien und Kleinasien nach Babylon führte. Diese
untere mesopotamische Landschaft wird daher von Xenophon, dem
einzigen Augenzeugen aus der Zeit der Perserherrschaft, geradezu
'AQaßict2), die obere Ebene aber westlich vom Flusse ÄQcc^rjg (d. i.
dem Chabör) SvQict genannt; letztere entspricht der aus dem A. T.
bekannten Benennung des „Aram der beiden Flüsse“ {/lram-naharaimf).
Viese Beschränkung entspricht dem gewöhnlichen Sprachgebrauche
nur übertriebene Betonung des Wortsinnes lässt bei einzelnen Autoren
^er!.en. ■^au^en auch abwärts auf das babylonische Zwischenstromland und
aufwärts bis zu den Tigrisquellen auf die schon innerhalb der Tauros-Vor-
ketten gelegene und politisch dauernd zu Armenien gehörige Landschaft
ausdehnen.
2) Ortschaften nur an den Flussufern, zumal am Euphrat, zum Teil auf
Flussinseln, gesichert gegen die räuberischen Araberhorden., wahrscheinlich
mein von syrischen Ansiedlern bewohnt. Im Binnenlande nur in einer
Oase die Stadt Eatra (Ruinen j. Chadhr), deren starke Mauer die einzig-en
reichen Quellen der Gegend umschloss, daher uneinnehmbar selbst für
H. Kiepert s Leitf. d. alten Geographie. c