Full text: Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen

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Dienstleistung verpflichtet, während seine Landwirtschaft durch die 
übrigen acht von ihren Höfen aus mitbesorgt wurde. 
tim ferner diese neuummauerten Plätze gleichmäßig mit dem 
öffentlichen Leben in Beziehung zu setzen, wurden dorthin die Thing¬ 
versammlungen und Gerichtstage verlegt. Sie blieben keine bloßen 
verproviantierten Orte des Vergens, keine „Burgen", sondern sie 
wurden die Stätten des öffentlichen Lebens. Daher bezeichnete 
man bald die ummauerten Orte als Statt oder Stadt. Seit den 
letzten Jahren Kaiser Ottos III. kommt das Wort Statt oder Stadt 
in der uns geläufigen Bedeutung vor. 
Seit der Zeit gibt es bürgerliche Städte. Die befestigten 
Plätze Heinrichs waren solche noch nicht gewesen. Daß daraus 
Wohnstätten mit bürgerlicher Verfassung und Bevölkerung sich ent- 
wickelten, wurde durch mancherlei klntstände begünstigt. Namentlich 
die Verleihung des Marktrechtes für bestimmte Orte, die sich damit 
aus der allgemeinen ländlichen Verfassung absonderten, ist für die 
Entwicklung von Stadtverfassung und Bürgertum wichtig geworden, 
weil in jenen Vorrechten auch besonderer Gerichtsstand, eigene Orts¬ 
behörden und die genauere Heraushebung der Handel- und Ge¬ 
werbetreibenden als eigener Stand enthalten waren. Das alles 
liegt mehr als ein Menschenalter nach Heinrichs I. Zeit. Dennoch 
hat er den persönlichen ersten Anstoß gegeben zu der Entstehung 
der Städte im heutigen Nordwest- und Mitteldeutschland, indem 
er mit bewußter Absicht das staatliche und sonstige öffentliche Leben 
und damit den Verkehr dahin gewiesen hat. Insofern hat die Volks¬ 
überlieferung, die ihn den Städtegründer nennt, ihn sogar richtiger 
aufgefaßt, als der kritische Historiker, der zuerst dahinter kam, daß 
es unter Heinrich I. und Otto I. noch gar keine eigentlichen Städte gab. 
164. Die Hansa. 
Die norddeutschen Städte, soweit die nieder- oder plattdeutsche 
Sprache reichte, hatten schon früh ihre Kraft auf den Seehandel 
gerichtet und dadurch sich unermeßliche Reichtümer erworben. Wie 
aber alles im Mittelalter sich zu Genossenschaften zusammenschloß, so 
gingen auch sie, nicht wie die rheinischen Städte zur augenblicklichen 
Verteidigung gegen übermütige Raubritter, sondern zur dauernden 
Verfolgung ihrer Handelsvorteile einen Bund ein, der nach damaligem 
Sprachgebrauch Hansa, d. h. Innung, genannt ward. Die ersten 
Mitglieder waren Hamburg, Lübeck und Bremen, aber dieser Hansa¬ 
bund erweiterte sich im dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert so, 
daß er zuweilen über 70 Städte umfaßte, mit seinen Flotten die 
nordischen Meere beherrschte, ganze Länder eroberte, mächtige Könige 
beugte. Doch war die Verbindung der Städte nur locker, oft geteilt, 
oder eingeschlafen, und nur selten trat ihre ganze furchtbare Kraft
	        
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