Das Gebiet der Niederungen. 173
Der Spreewald ist eine größtenteils entwaldete Niederung, welche
von vielen flachen Flußarmen durchzogen wird, auf denen sich vorwiegend
der Verkehr bewegt. Die Bewohner leben in altertümlichen Blockhäusern
nnd treiben Wiesen- und Gemüsebau. Ihre Sprache ist meist noch wendisch.
In dem Gebiete der Niederungen liegt die Reichshauptstadt Berlin;
sie ist mit 2 Millionen Einwohnern bte drittgrößte Stadt Europas. Berlin.
Ursprünglich befanden sich hier an einem Übergange über die Spree die
beiden Fischerorte Kölln und Berlin, die zu Anfang des 14. Jahrhunderts
zu einer Stad'^vereint wurden. Als diese Friedrich II. um die Mitte des- -
15. Jahrhunderts zur Hauptstadt des Kurfürstentums Brandenburg machte,
begann sie allmählich eine größere Bedeutung zu gewinnen; als Haupt-
stadt des Königreiches Preußen nahm sie schon eine hervorragende Stel-
lnng ein, die sie weniger der günstigen Lage, als vielmehr der besonderen
Fürsorge der brandenburgischen und preußischen Fürsten verdankte. Von
wesentlichem Einflüsse sür die Entwicklung der Stadt war zur Zeit des
Großen Kurfürsten der Zuzug französischer Flüchtlinge, die als Prote-
stauten aus ihrer Heimat vertrieben waren; denn diese brachten zugleich
verschiedene Gewerbe mit. Seitdem hat die Industrie Berlins einen
steten Aufschwung genommen und ist auch heute sehr blühend. Der
Kunst und Wissenschaft gab König Friedrich I. hier eine Pflegestätte,
indem er Künstler und Gelehrte nach Berlin berief und eine wiffen-
schaftliche Akademie gründete. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts erhielt
die Stadt eine Universität und fpäter auch eine technische Hochschule.
Außerdem zieren Berlin noch eine Reihe anderer wissenschaftlicher In-
ftitnte und Sammlungen. Ihre gegenwärtige künstlerische Bedeutung
liegt in der stattlichen Zahl wertvoller Museen, hervorragender Bauten
und Denkmäler und in ihrer angesehenen Kunstakademie. Zugleich ist
Berlin Mittelpunkt des deutschen Binnenverkehrs; es ist Zentrum eines
ausgedehnten Eisenbahnnetzes, das weit über die Grenzen des Reiches
hinausgreift. Durch natürliche und künstliche Wafferstraßen wird es
ferner mit den Hauptströmen des Tieflandes nnd vor allem mit den
beiden deutschen Meeren in engere Verbindung gesetzt. Zu der impo-
sauten Weltstadt wuchs Berlin aber erst in der allerjüngsten Zeit nach
Gründung des Deutschen Reiches heran. Es wurde Sitz der höchsten
Reichsbehörden und erhielt damit eine Reihe prachtvoller Gebäude, worin
diese ihre Wohnstätte fanden. Von wahrhaft großartigem Ansehen sind
die Straße „Unter den Linden" mit Palais und Prachtbauten zu beiden
Seiten, der Pariser Platz mit dem Brandenburger Tore und der Lust-
garten, an dessen Südseite sich das königliche Schloß erhebt, endlich das
neue Reichstagsgebäude.
Berlin ist von einer ebenen, vorwiegend sandigen, stellenweise auch
sumpfigen Gegend umgeben. Im Westen der Stadt bietet der aus-
gedehnte Tiergarten mit seinem prächtigen Baumbestande viel landschaftlich
schönes dar. Am Ende des Tiergartens liegt Charlotten bürg, das
jetzt mit Berlin eng verbunden ist. Reizvoll und anmutig wird die
weitere Umgebung an der oberen Spree und mehr noch längs der Havel,
die hier eine Reihe von Seen durchfließt, die von waldbedeckten Hügeln
umsäumt sind. Inmitten dieser Havelseen erhebt sich Potsdam, die
zweite Residenz Preußens, mit ihren königlichen Schlössern Sanssouci,