Nordafrika. 37
Wintertagen erhebt sich die Lufttemperatur im Schatten auf kaum mehr als 18° C, allein
die direkten Sonnenstrahlen üben eine sehr angenehme Erwärmung aus, die wir an
einem Januartag, dem einzigen vollständig bewölkten Tag seit unserem Aufenthalt in
Afrika, schmerzlich vermißten.
Die Aufmerksamkeit des Wüstenreisenden wird hauptsächlich durch dieBeschaffen-
heit der Oberfläche gefesselt und diese bietet in der Tat des Ungewohnten
genug. Neben den im felsigen Untergrund fest gezeichneten Hauptzügen erhält die Wüsten¬
oberfläche durch den beweglichen Flugsand einen ewig wechselnden Charakter.
Am unangenehmsten für den Reisenden ist unbedingt der weiche Flugsand. Menschen
und Kamele kommen nur langsam darin weiter, die Augen werden durch seinen blendenden
Lichtreflex angegriffen und überdies strahlt kein anderer Boden die Hitze so kräftig zurück
wie der Sand. Eine Gegend der Libyschen Wüste besteht in einem einzigen, undurchdring¬
lichen Sandmeer. So weit das Auge reicht, folgt Dünenkette auf Düueukette, alle ent¬
weder von Nord nach Süd oder von Nord-Nordwest nach Süd-Südost streichend; die Zwi¬
schenräume sind ausgefüllt mit Sand und gleichfalls mit niederen Hügelreihen bedeckt.
Wie ein vom Sturm aufgeregtes und plötzlich erstarrtes Meer liegt diese Sandmasse vor
dem Beschauer, scheinbar sest und doch beweglich. Wenn der Wind auf dem Dünenkamm
einen Schleier feinen Sandes auswirbelt und jeden scharfen Umriß verwischt, dann machen
diese lichtgelben, zuweilen 100 m hohen Gebirgszüge einen beängstigenden, fast geister¬
haften Eindruck. Der Reisende hat das Gefühl, die gayze Sandmasse sei in Bewegung,
um sich auf ihn zu wälzen uud alle Schreckensgeschichten vom S a m u m drängen sich
unwillkürlich auf. (Karl vou Zittel.)
Der Sudan.
Der Sudan (— das Land der Schwarzen) umfaßt das Gebiet zwischen der Sahara
und dem Äquator, zwischen dem Atlantischen Ozean und dem Hochland von Abessinien.
Der Sudan (Abb. S. 36) bildet ein hügeliges S a v a n n e n p l a t e a u1)
von 400—600 m Höhe, das durch die Senke um den Tsadsee (240 m) in den west¬
lichen H o ch s u d a n und den östlichen F l a ch s u d a n zerfällt. Sein Klima
i st t r o p i s ch. Die Niederschlüge fallen überaus reichlich an der atlantischen
Küste. Daher entspringen hier auch mehrere große Ströme, unter denen der Niger
der bedeutendste ist.
Das heißfeuchte Tropenklima im Westsudan ist Ursache der Urwaldvegetation
an der Küste. In den Wäldern sind die Riesenformen der afrikanischen Tierwelt
vertreten: Elefanten, Nilpferde (am Tsadsee) und das Rhinozeros, serner Löwen,
Panther, Hyänen; in den östlichen Savannen Zebras, Büffel, Antilopen und Ga¬
zellen. Die menschenähnlichen Assen, Gorilla und Schimpanse, gehören Oberguinea
(ginea) an.
Die Sudanneger, zu denen die viehzüchtenden F u l b e und die handel¬
treibenden H a u s s a im Westen zählen, sind aus Norden vorgedrungene Stämme
von bräunlicher Hautfarbe; sie bekennen sich zum Islam, treiben Garten- und Hack¬
bau, Gewerbe und Handel, haben geordnete Staaten (Sultanate) und bauen auch
Städte. Die Bantuneger2) dagegen, meist Fetischdiener und von brauner
1) Die Savanne bringt nur harte, steife, büschelartig aufsprießende Gräser hervor. Aus dem
Grasmeere ragen wie Inseln freistehende Bäume, besonders Affenbrotbäume, und Waldstreifen
auf, dre der Landschaft ein parkartiges Aussehen verleihen.
2) Unter dem Namen Bantu faßt man jene Negersprachen zusammen, die in 93au und
Wortschatz unverkennbare Ähnlichkeit haben.