IV. Das !Land. 
den Flutseiten abgelenkt werden. Am geringsten wird sich diese Hebung und Sen- 
kung des Meeresspiegels nach den Polen zu äußern; ein die Erde ganz umkleiden- 
der Ocean müßte mithin, in Richtung der Flut - Meridiane durchschnitten, eine 
elliptische Verziehung erfahren, und es müßte sich jede der beiden Flutwellen mit 
dem scheinbaren Tageswandel des Mondes um die Erde (in 24 Stunden und 50 
Minuten) westwärts um den ganzen Erdball ziehen. In Wirklichkeit verzögert sich 
nicht nur überall der Eintritt der Gezeiten durch das natürliche Beharrungsstreben 
der Wassermasse, sondern der Fortschritt der Flutwelle wird auch ein sehr verWickel- 
ter durch den Widerstand der Landmassen, die umzogen werden müssen (Groß- 
britannien wie Irland von Doppelarmen der Flut umfangen), sowie durch den 
Umstand, daß im seichteren Meer die Fortbewegung der Welle sich verlangsamt. 
So häufen sich besonders an Flachküsten die langsamer fortkommenden und die 
rascher aus offner See ihnen folgenden Flutgewässer an und bewirken zumal in 
trichterförmigen Küsteneinschnitten (Fnndy-Bai zwischen Neu - Schottland und Neu- 
Braunschweig, Bristol - Kanal) starke Erhebungen des Wasserspiegels in heftigem 
Eindringen gegen das Land. Regelmäßig aber folgt eine Flut wie eine Ebbe der 
andern nach Verlauf eines (scheinbaren) halben Mondumlaufs (zwischen Hoch- und 
Niedrigwasser also fast genau eine Frist von 61U Stunden), und in jedem synodi- 
schen Monat tritt zweimal (bei den Syzygien) Springflut d. h. höchste Flut, zwei- 
mal (bei den Quadraturen) Nippflut d. h. niedrigste Flut ein; denn auch die Soune 
bewirkt aus denselben Ursachen wie der Mond Flut und Ebbe (nur viel schwächer, 
da sie uns gegen 400mal so fern ist wie der Mond), beide hemmen aber die vom 
Mond erwirkten Gezeiten am meisten bei erstem und letztem Viertel (weil dann 
Sonnenflut mit Moudebbe örtlich zusammenfällt, Sonnenebbe mit Mondflut) und 
verstärken sie am meisten bei Neu- und Vollmond (weil dann die gleichartigen 
Sonnen- und Mondgezeiten örtlich zusammenfallen). Nur die Oceane werden stark 
von den Gezeiten ergriffen, viel weniger schon das Mittelmeer, nur spurenweise die 
Ostsee und größere Landseeen, z. B. die canadischen (daher die große Verschiedenheit 
des ganzen Znstandes unserer Nordsee- gegen unsere Ostseeküsten) 
Die Meeresströme befördern große Mengen warmen Seewassers in die höheren 
Breiten, große Mengen kalten Seewassers in die niederen Breiten und beeinflussen 
dadurch das Küstenklima. So bewirken antarktische Strömungen, welche an der 
W.-Küste Südamerikas ^ und Afrikas ^ gen N. ziehen, zusammen mit südlichen 
Abzweigungen des Äquatorialstroms an der O.-Küste dieser beiden Festlande, daß 
unter gleichen Breiten ihre W.-Küste kühler ist als ihre O.-Küste. Der Kuro- 
schiwo^ trägt zur Regenfülle und Wärme des japanischen Sommers bei, der Golf- 
ström5, welcher sich mit seiner besonders warmen Wasserfläche fächerförmig von 
Florida her gen NO. durch das atlantische Meer mächtig verbreitert, mildert die 
Winter Europas; und doch reicht selbst letzterer uicht weiter als 100 englische Faden 
(183m) in die Tiefe des Meeres. 
IV. Das Land. 
§ 42. 
Festland und Inseln. 
Von den 91/4 Mill. dM. der Erdoberfläche ist etwas über ein 
Viertel (27°/0) Sand6. Dieses überragt den Meeresboden überall in 
gewaltigen Massen, die, wenn man sie nach Ablassen des Meeres vom 
1) Vergl. S. 202 — 204 und S. 210, Anm. 2. 2) S. 55. 3) S. 60. 
4) S. 90. 5) S. 96. 6) 50.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.