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VI. Europa. 
Bauten, Kunstsammlungen hervorragen und Universitäten besitzen; Po- 
litisch freilich bedeutete die Kleinstaaterei Ohnmacht, und erst 1870 ward 
das Land ein einiges Königreich, von welchem nur das durchweg 
von Italienern bewohnte, französische Korsika noch ausgeschlossen ist. 
Wirtschafts- Zur Maschinenindustrie mangeln Italien die Steinkohlen, die von 
letHn' den Britischen Inseln bezogen werden müssen; die deutschen Kohlen des 
Rheingebiets können wegen des tenren Eisenbahntransports nicht über 
die Gegend der oberitalienischen Alpenseeen hinaus verhandelt werden. 
Italien zieht deshalb seinen Hauptgewinn wie vor alters aus dem 
Landbau (der meiste Olbau und die meiste Seidenzucht in Europa) und 
aus dem See Handel. Es spielt seiner Lage gemäß noch heute eine 
wichtige Rolle in dem Versand morgenländischer Güter ins Abendland und 
umgekehrt; seine Handelsflotte gehört zu den größten des europäischen 
Festlands, da sie wie die deutsche über 1 Million Tonnen ^ hält. 
Etwas dichter bevölkert als das Deutsche Reich, nämlich mit 118 E. auf 
1 qkm, zählt das Königreich Italien auf seinen nicht voll 300 T. qkm 
33 Mill, E. 
1. Oberitalien umfaßt beinahe die Hälfte der Bewohner des Königreichs, hat 
als Durchgangsland zwischen dem Apenninenland, Mittel- und Westeuropa immer 
die Handels- wie die Kriegszüge auf sich gelenkt und beiden durch seine Gebirgsfreiheit 
offenen Spielraum gewährt. Der Winter verlangt Heizung und wärmende Kleidung; 
der Boden trägt keinerlei Nahrung von selbst; daher erwuchs hier eiu stets arbeitsames 
Volk, dessen Fleiß besonders in dem mittleren und ö. Drittel durch die Bodenfrucht- 
barkeit reich belohnt wurde: Die Rebe wird an der Ulme oder am Maulbeerbaum 
gezogen, dessen Laub zugleich die Seidenraupe ernährt; aus dem mit solchen Bäumen 
bepflanzten Feld wird dann noch Mais, Weizen oder Reis gebaut; kurz, bisweilen 
liefert dasselbe Grundstück Speise, Trank und feinsten Kleidungsstoff. Oberitalien stieg 
im Mittelalter zu seiner höchsten Bedeutung, weil damals der Hanptseehandel der 
übers Mittelmeer war und das Adriatische Meer die morgenländischen Waren am 
besten über diese Ebene nach Deutschland und Frankreich gelangen ließ. So entstanden 
die großen lombardischen Kaufherrnstädte, deren Wechsel- und Handelseinrichtungen 
für die ganze Welt Muster wurden. Noch jetzt deuten viele Kuustausdrücke im Ge- 
schäftsleben auf Oberitalien, z. B. Lombardenwechsel, brutto und netto (Warengewicht 
mit und ohne Berpackung). 
Piemont 2 ist der weniger fruchtbare W, wo unter der soldatischen Herrschaft 
der Könige von Piemont (oder von Sardinien, wie sie sich nach der von ihnen mit- 
beherrschten Insel nannten) das kernige Volk erwuchs, welches seinem König Viktor 
Emanuel die Einigung Italiens unter seinem Zepter ermöglichte. Hst. dieses Stamm- 
königreichs Sardinien war *Dnrin [tnrm], wo die Eisenbahnlinie von Frankreich her 
unweit des Mont Cenis [monSffjem] den Kamm der W,-Alpen dnrchbohrt und 
den Po trifft, 3 V2 Ht. E. :-r - 
1 Eine Tonne ist ein Gewichtsmaß, so viel wie 1000 kg oder 20 alte Zentner 
(10 metrische Zentner zu 100 kg). — 2 b. h. am Fuße (ital. pie) der Berge. 
Siedelungen. 
1. Ober- 
italien. 
a) Piemont.
	        
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