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Marcus Aurelius 161 — 180. — Commodus 180—192.
dem er öffentlich als seine Absicht erklärt hatte, den Verirrten durch Ver¬
zeihung zu gewinnen, nicht in vollem Marsche, als die Nachricht eintras, daß
Cassius von Leuten seiner Umgebung ermordet worden sei. Trotzdem gieng er
nach dem Osten in Begleitung seines Sohnes Commodns und seiner Gattin.
Die letztere starb in Kleinasien. In der That bewies er auch die versprochne
Milde: nur wenige der empörten Orte wurden bestraft, Antiochien durch
das Verbot der Lieblingsbelustigung seiner Bevölkerung, der öffentlichen
Schauspiele. Dem Senat überließ er die Untersuchung, empfahl ihm aber Milde
gegen die Mitschuldigen und verlangte Straflosigkeit für die Angehörigen
(Frau und Kinder) und Überlassung wenigstens eines Teils vom väterlichen
Vermögen. Mit Commodns triumphierte er (176) in Nom und schasste dem
Volk durch Geldspenden und Erlaß aller seit 46 Jahren dem Staats- und
Kaiserschatz zustehenden Forderungen große Freude xmb wesentliche Erleichte¬
rung. Doch Ruhe ward ihm nicht beschieden. Wärend und wahrscheinlich
wegen seiner Abwesenheit im Orient hatten die kaum beruhigten Stämme an
der Donau die Waffen von neuem erhoben und die Legaten, die beiden Quin-
tilier, waren demselben nicht gewachsen. Schon 177 scheint M. Aurelins im
Feld gewesen und in seiner Anwesenheit ein Sieg erfochten worden zu sein.
Vom Sommer 178 harrte er mit seinem Sohn Commodns fortwärend im Lager
aus und ein großer Sieg, den Paternus erfocht, lohnte seine Anstrengungen.
Doch das Ende zu sehn war ihm nicht beschieden. Am 17. März 180 raffte ihn
der Tod dahin *)!
Der Zerfall des Reichs 180—270.
§ 25.
Commodns 180 — 192.
1. M. Aurelius Commodns/ der erste einem Kaiser geborne (30.
Aug. 171) Beherscher des Nömerreichs, brachte des Vaters bange Sorgen auf
die schmählichste Weise zur Erfüllung, indem er über der sinnlichen Lust alle
guten Lehren und Vorsätze vergaß und auf der Bahn der wahnsinnigsten Laster¬
haftigkeit immer weiter und tiefer geführt ward'). Wäre nicht ausdrücklich
bezeugt, daß die von seiner Dienerschaft genährte Sehnsucht nach den Ge¬
nüssen der Hauptstadt das Motiv gewesen, warum er die dringenden Vor¬
stellungen der väterlichen Freunde und Ratgeber dennoch zuletzt unbeachtet ließ,
man würde vielleicht die Beeilung des Friedens mit den Donauvölkern als
aus der Einsicht, daß trotz aller Anstrengungen nichts weiter zu erreichen sein
werde, hervorgegangen anzusehn sich versucht fühlen. Der Friede ward wol
im wesentlichen auf die früher von dem Vater bewilligten Bedingungen ab-
geschloßen, wenn schon Commodns das Geld weniger gespart zu haben und
sich mit augenblicklicher Stellung von Soldaten statt jährlich zu seudender be-
etwas gethau, um in dem tüchtigsten Fcldhcrrn im Fall von des Gatteu'Tod für sich
und ihre Kinder eine Stütze ¿u gewinnen. Wir haben ein Vorspiel von dem bald
allgemeiner werdenden llmstand vor uns, daß die Feldherrn ihre Gebiete nur unter
dem Kaisernameu schirmen konnten oder schirmen zu können meinten. — 1) Herodi.
I 3 nennt Pannonien (Päonien) als bcu Ort seines Todes, Am-. Vict. 16 Vindo¬
bona (Wien), Tertull. apol. 25 Sirmium.— 2) Cassius Dio (13. LXXII) hatte als
Augenzeuge berichtet. Auch Herodianus (ad exeessn divi Marci libri 8) hat in ein¬
facher, aber nicht nnrhetorifchcr Sprache von ihm selbst.Gesehnes berichtend, großen
Wert. Weniger brauchbar ist Lampridius (vita Commodi).