Full text: Geschichte der neueren und neuesten Zeit (Abt. 4)

88 Französische Revolution. — 
28. Die gesetzgebende Versammlung. 
§ 28. Die gesetzgebende Versammlung. 
1. Oktober 1791 bis 21. September 1792. 
I. Parteien. Neuwahl für die am 1. Oktober 1791 
zusammentretende „gesetzgebende Versammlung“ 
unter Ausschluss der früheren Abgeordneten. Feuillants 
die Rechte, Jakobiner die Linke. Diese geschieden in die 
gemässigtere „Ebene“ und die Radikalpartei, den „Berg“ (von 
den erhöhten Sitzen der Abgeordneten so genannt). 
[Zu der „Ebene“ gehörig die „Girondisten“ (vorwiegend durch Mit¬ 
glieder aus dem südlichen Frankreich, insbesondere dem Departement der 
Gironde, gebildet), die bald durch die Begabung ihrer Redner (Vergniaud, 
Brissot, Guadet, Gensonne, Roland, Barb aroux u. a.) ein Über¬ 
gewicht über die anderen Parteien erringen. Ihr Ideal die altrömische 
Republik, in der sie eine Verwirklichung der treibenden Gedanken des Zeit¬ 
alters erblicken. Der Verkehr in Zirkeln geistvoller Damen (Madame Roland 
u. a.) nicht selten ausschlaggebend für ihr politisches Verhalten. 
Der „Berg“, gänzlich unter dem Einfluss des Jakobinerklubs, in dem 
die äusserste Radikalpartei (Robespierre, Marat u. a.) immer mehr die 
Oberhand gewinnt und allen „Aristokraten“ und Besitzenden den Krieg er¬ 
klärt. Auch der Gemeinderat aus Jakobinern bestehend (Betion Maire; 
Mitglieder Danton, Robespierre u. a.). Der Pöbel der Hauptstadt, zu 
dessen Unterstützung auch der von Marseille herbeigezogen wird (vorgeblich 
zur Feier des Bastillensturmes), übt Druck auf die Beschlüsse (die „Mar¬ 
seillaise“ von Rouget de l’Isle). Die „Jakobinermütze“ Parteizeichen.] 
II. Verhandlungen. Die Kämpfe richten sich: 
1) Gegen die eidverweigernden Priester, welche ihren 
Einfluss auf das Volk zu gunsten einer Herstellung der alten 
Zustände benutzen. Gegen den Beschluss, sie mit Verlust 
ihrer Pension und im Falle des Versuchs einer Volksaufwiege¬ 
lung mit Haft zu bestrafen, legt der König sein Veto ein. 
2) Gegen die Emigranten, welche auf schwelgerischen 
Festen ihre Feindschaft gegen die neuen Zustände kund¬ 
geben und die auswärtigen Mächte zu einem Generalstreich 
aufstacheln. Kaiser Leopold II., Bruder der Königin Marie 
Antoinette (auch Josephs II.), obwohl friedliebend,* 
reizt durch Truppenanhäufung in Belgien den Argwohn und 
durch eine an die Nationalversammlung gerichtete Note*'*' die 
Empfindlichkeit der leicht erregbaren Nation. Krieg in Sicht! 
* Die Zusammenkunft mit Friedrich Wilhelm II. in Pillnitz bei 
Dresden führt zwar zu einem Verteidigungs-, nicht aber zu einem Kriegsbund. 
** Er fordert Einstellung der Rüstungen an den Grenzen, B reiheit und 
Unverletzlichkeit der Königsfamilie, Aufrechterhaltung der monarchischen 
Regierungsform u. a. Die Girondisten erheben Kriegsgeschrei. 
Vgl. die Vorgänge von 1870.
	        
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