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der größten Gemeinden. Als hervorragende Capacitäten sind zu nennen:
Salomo Luria in Ostra (starb 1573) von späteren Schriftstellern das
Wunder seiner Zeit genannt und unter dem Namen „Maharschal“
bekannt. Er schrieb Glossen zum Talmud und andern ältern codiciellen
Werken. In seiner Rechtsgutachtensammlung entwickelt er großen Scharf—
sinn und zeigt einen selbstständigen energischen Charakter, der bei seinen
Gesetzentscheidungen sich wenig um Autoritäten kümmert und auch auf
die zeitgenossischen Gelehrten mit einem gewissen Stolze herabsieht. Sein
Zeitgenosse, mit dem er auch in wissenschaftlicher Korrespondenz stand,
war der berühmte Moses Iserles in Krakau (Remo), der schon in seiner
Jugend durch mehrere Schriften einen großen Ruhm erlangte. Er war
auch in profanen Wissenschaften wie in Philosophie und Astronomie
tüchtig und zugleich ein ernster Denker, was ihn jedoch nicht hinderte,
in der verbreitetsten seiner Schriften, in den Zusätzen zu dem Ritual—
coder des Josef Caro, einen hyperorthodoxen Standpunkt einzunehmen
und sich da, wo eine Verschiedenheit der Ansichten unter den ältern
Gelehrten herrscht, meistentheils für die erschwerende Ansicht zu ent—
scheiden. In diesen Zusätzen führt er auch die in den verschiedenen Ge—
meinden herrschenden religiösen Observanzen (Minhagim) an, die nun
durch das Gewicht seines Namens gleichsam die Sanktion erhielten, und
in der religiösen Praxis bei den Juden des östlichen Europa's Gesetzes—
kraft erlangten. Er starb 1373 im Alter von 33 Jahren in Krakau.
Möir aus Lublin, Rabbiner dieser Stadt (starb 1616), schrieb Glossen
zum Talmud, die zwar weniger Scharfsinn, dafür mehr logischen Geist
verrathen. Samuel Edels (Maharscha), Rabbiner zu Ostra, später zu
Lublin, ist durch seine geschätzten Novellen zum Talmud, in denen er
großen Scharfsinn zeigt, berühmt; auch sind seine geistvollen agadischen
Erklärungen sehr beliebt. Er soll ein sehr hohes Alter erreicht haben und
dürfte im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts verstorben sein. Joel
Sirkes, (Bach), Rabbiner zu Brzese in Lithauen schrieb einen ausführlichen
Kommentar zu dem Ritualkoder „Arba Turim“ (starb 1648); sein
Schwiegersohn David ben Samuel Halevi aus Lemberg ist als Verfasser
des Kommentars „Ture Sahab“ zum Ritualkoderx „Schulchan Aruch“ be—
kannt. Ein weit berühmterer Kommentator dieses Kodex ist Sabbatai Kohn
aus Wilna, auch nach dem Anfangsbuchstaben des Namens dieses Kom—
mentars (Sifte Kohen) „Schach“ genanut. Seine Entscheidungen galten
als Richtschnur, von der nicht so leicht abgewichen wurde. Er wanderte
wie viele seiner Landsleute nach Deutschland aus und starb ungefähr
1663 zu Holleschau in Mähren, wo er auch begraben wurde. Unter den
ausgewanderten polnischen Gelehrten sind zu nennen: Ephraim Luntschitz,
Rabbiner in Lemberg, später in Prag, wo er 1619 starb, war als
Prediger berühmt und sind seine Predigtsammlungen und Kommentarien
zu biblischen Büchern hoch geschätzt. Moses Ribkes, Verfasser des „Beer
Hagola“, eines Quellennachweises zum Ritualkodex „Schulchan Aruch“,
verstarb zu Amsterdam.
122. Die Juden in Holland.
Eine Oase in der Wüstenei der jüdischen Geschichte des Mittelalters und der
folgenden Jahrhunderte bildet Holland. Nach dem Abfalle der Niederlande