Full text: Erzählungen aus der Geschichte des Mittelalters in biographischer Form (Teil 1)

bon Köln stand. Diese Partei ging darauf aus, sich der 
Person des jungen Königs Heinrich und somit der Regierung 
zu bemächtigen. 
Im Jahre 1062 ward die Kaiserin mit ihrem Sohne 
nach Kaiserswerth am Rhein zu einem Feste eingeladen. 
Nach der Tafel machte Erzbischof Hanno dem munteren 
Knaben den Vorschlag, ihm sein prächtiges Jagdschiff zu 
zeigen: Heinrich ging freudig darauf ein, aber kaum hatte 
er es bestiegen, so stießen die Ruderer vom Ufer ab und 
erreichten bald die Mitte des Stromes. Der Knabe, der 
Gewalt ahnte, schrie und sprang sogar ins Wasser, aber 
man zog ihn wieder heraus und besänftigte ihn durch gut- 
liches Zureden. Alle Bemühungen der Mutter, ihren Sohn 
wieder zu erhalten, waren vergebens. 
Hanno machte sich nun zum Reichsverweser und hielt 
den jungen König in seinem Palast in strenger Zucht. Er 
sah jedoch ein, daß er, um den Neid und die Eifersucht der 
Großen zu beschwichtigen, die Regierung nicht allein be- 
haupten könne, und gab deshalb einem anderen geistlichen 
Fürsten Anteil an der Vormundschaft und Verwaltung. 
Dies war A d e l b e r t von Bremen. Adelbert bemächtigte 
sich bald des jungen Königs, der seinen Entführer Hanno 
haßte, und riß die Regierung völlig an sich. Er war das 
gerade Gegenteil von Hanno. Er besaß- reiche Gaben des 
Geistes, war aber eitel, prachtliebend und verschwenderisch. 
Er führte einen glänzenden Hof und sprach von den deut- 
schen Fürsten mit Verachtung und Haß. So war denn auch 
die Erziehung, welche er dem jungen König gab, in allen 
Stücken von der Hannos verschieden. Dieser hatte seinen 
Zögling streng gehalten; Adelbert ließ ihm freien Willen 
und gestattete seinen Begierden und Leidenschaften freien 
Spielraum; Hanno hatte die Absicht, den König so zu er- 
ziehen, daß die Großen unabhängig unter ihm schalten und 
walten sollten; Adelbert flößte ihm den Grundsatz ein, daß 
die Herrschaft des Königs völlig unbeschränkt sei. Besonders 
prägte er ihm einen tiefen Haß gegen das Volk der Sachsen 
ein. Unter solcher Leitung ward Heinrich leichtsinnig, hoch- 
mütig und lüderlich, und der Haß gegen die Sachsen, den 
ihm Adelbert predigte, schlug leider in seinem Herzen nur zu
	        
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