Ein Tag und eine Nacht in Kairo. 169
sie sich, ihre Pfeife schmauchend, auf den Boden hin, um auf den
Ruf und das Klopfen eines späten Bewohners gegen das unver-
meidliche Bakschisch Einlaß zu gewähren. Wie Leuchttürme tauchen
in der Finsternis hin- und herwandelnde Lichter auf. Wir gehen
näher und überzeugen uns, daß jeder Bewohner Kairos nach Sonnen-
Untergang nur mit einer Papierlaterne gehen darf, die ihn vor der
Nachtwache schützt, welche eifrig nach dem Gesindel umherspäht, das
nur im Schutze der Finsternis, mit Diebslaternen versehen, seinen
Geschäften nachschleicht. Wir gehen die lange Straße des Kopten-
Viertels entlang, steigen über die Leiber schlafender Hunde und
schnarchender Wächter hinweg und gelangen zu jenem Cafe, wo-
selbst, von wenigen Ollämpchen erleuchtet, der eifrige Wirt und sein
Knabe den betnrbanten Gästen, die ringsherum auf Ankarebs sitzen,
den Mokka verabreicht. Auf dem Feuerherde steht die große Blech-
kanne, die von Holzkohlen erwärmt wird, welche der Knabe, den
Flederwisch hin- und herbewegend, in steter Glut erhält. Das Gemach
des Cafes ist nur klein, von Rauch und Schwel erfüllt, die nach
der Straße gekehrte Holzwand ist von durchbrochenem Holzwerk mit
Bögen versehen. Die größte Hälfte der Gäste, die nur den niederen
Ständen Kairos, aber dem Ägypter von echtem Geblüt, angehören,
sitzt aus der Straße, sorgsam sich umschauend, ob nicht ein schlafender
Hund ihr Gewand berühre und es dadurch verunreinige. Sie schlür-
fen ihren Kaffee, rufen den Wirt, wenn das Täßchen ausgetrunken,
mit den Worten melium „er ist voll", um augenscheinlich gerade das
Gegenteil auszudrücken, ziehen den Dampf aus der kollernden Wasser-
pfeife oder dem gewöhnlichen Schibuk ein, während jener in der Ecke
dort sich aus der Goseh das unerlaubte Vergnügen des Haschisch-
rauchens bereitet. Auf das Höchlichste ergötzt, mit den Augen wohl-
gefällig blickend und den Kopf wie im Takte neigend, hören sie den
Erzählungen eines Bänkelsängers zu, der ihnen die Abenteuer alter
arabischer Helden, Antar an der Spitze, in gereimter Prosa rentiert
und mit der Dichterviole die herzstärkendsten Verse begleitet. All-
gemeines Seufzen, das sonderbare Zeichen des ungeteiltesten Beifalls,
das hier und da ein langgedehntes Allah! (Gott) unterbricht, be-
lohnt den Erzähler und Sänger nach jedem Abschnitte.
Endlich steigt der Sänger vom Estrich hernieder, nimmt die
Viole unter den Arm, zündet das Licht seiner Laterne an, und wan-
dert nach Hause, während der Wirt die Lämpchen seiner Bude aus-
löscht, sich in sein Gewand hüllt und zum Schlafe auf den Estrich