Full text: Deutsch-Afrika und seine Nachbarn im schwarzen Erdteil

Schilderung von Land und Leuten in Deutsch-Wituland. 53 
gebranntem Thon hergestellt, sowie einfache Schmiede- und Schlosser- 
waren angefertigt. Ferner existieren Holz- und Horndrechslereien. Eine 
große Anzahl.von Leuten beschäftigt sich mit der Anfertigung von Mat- 
ten, Körben und Säcken aus Palmblättern. Zimmerleute und Tischler 
verfertigen zum Teil reichverziertes Hausgerät, Thüren u. s. w. Die 
Formen der Ornamente erinnern an die Blütezeit der arabischen 
Baukunst und dürften sich noch von der ersten arabischen Invasion 
erhalten haben. Wie hoch man das Handwerk schätzt, geht wohl 
auch aus einem Gespräch hervor, welches ich eines Tages mit dem 
ersten Minister des Sultans von Witu hatte, welcher auch ein 
Sherif, -d. h. ein Abkömmling des Propheten ist (im Fastenmonat 
Ramassan hält dieser die Gebete in der Moschee selber ab); er sagte 
mir, er bete jeden Freitag außer für seinen Sultan auch sür den 
großen Sultan in Stambul. Als ich ihn darauf aufmerksam machte, 
daß er von jetzt an auch den Deutschen Kaiser in sein Gebet ein- 
schließen müsse, erwiederte er, er wolle nicht allein sür den Deutschen 
Kaiser, seinen Wesir und seine Soldaten bitten, sondern auch dafür, 
daß in seinen Schambas alle Früchte gedeihen, sowie für alle Hand- 
werker und Ärzte in Deutschland. 
Die Galla sind ein nomadisierendes Volk im Westen von Witu, 
welche aber immer mehr von den nördlich wohnenden noch kriegeri- 
scheren Somal zurückgedrängt werden. Sie sollen zahlreiche Vieh- 
Herden besitzen, welche sie jedoch in der Regenzeit aus hochgelegene 
Weiden zurückgetrieben hatten. An einigen Stellen fangen sie bereits 
an, den Acker zu bebauen. Am Tana sind sie bereits seßhaft ge- 
worden. Sie wohnen hier entweder für sich allein, oder aber auch 
mit den Pokomos, zuweilen auch Arabern, in einem Ort gemein- 
schaftlich, dann aber in besonderen Quartieren, und bauen hier Reis 
und Mais. Sie sind sehr schlanke Gestalten und haben eine mehr 
semitische Gesichtsbildung, fast wie die Somal. Ihre Waffen sind 
meistens Spere, Schild und Schwert. Nur selten haben sie Feuer- 
Waffen. 
Am ganzen Tana hinauf bis in die Nähe des Kenia wohnen 
Pokomos in kleinen Ortschaften zerstreut. Sie sind außerordentlich 
kräftig gebaut, zuweilen auch groß, aber ihrem Charakter nach das 
gerade Gegenteil der kriegerischen Gallas. Die Haupterwerbsquelle 
bietet ihnen besonders der fischreiche Tana. Sie bauen nur außer- 
ordentlich wenig Reis und Mais, da ihnen die Araber, Suahelis 
und Gallas ihre Vorräte fortzunehmen pflegen. Sie verrichten für
	        
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