1 52 VT. Deutschland als Kolonialmacht.
d) Kamerun.
a) Am 14. Juli 1884 erfolgte durch deu berühmten Afrikaforscher
Nachtigal (Schiff „Möwe") in den Dörfern der Häuptlinge Bell, Akwa
und Dido die deutsche Flaggeuhiffung. Die Westgrenze des Kolonial-
gebietes wurde nach mehreren früheren Abmachungen mit England end-
giltig durch deu Vertrag vom 15. November 1893 festgesetzt, die Süd-
grenze durch die Vereinbarung mit Frankreich am 24. Dezember 1885
und die Ostgrenze mit demselben Staate am 15. März 1894. In dieser
Umgrenzung reicht das Schutzgebiet nördlich bis zum Tschadsee nnd umfaßt
495 000 qkm mit S1/? Mill. Bewohnern.
b) Für die Erforschung des Hinterlandes nnd die Entwickelnng
des Handels sind zahlreiche Expeditionen tätig gewesen. Von diesen
waren die Reisen von Hauptmann Kund und Oberleutnant Morgen
(1889/90) für die Beseitigung des lästigen Zwischeuhaudelmouopvls der
Eingeborenen im Süden des Kamernngebietes von Erfolg, während die
Zintgraff'fche Expedition nach dem nördlichen Binnenlande 1887/88
verunglückte, für die Bereicherung der Keuutuis vou Laud und Leuten in
Nordkameruu aber von großer Bedeutung war. Vergleiche über andere
Reiseude S. 142. Bei vielen dieser Reisen handelte es sich vorzugsweise
um kriegerische Unternehmungen gegen aufsässige Stämme, deren Unterwerfung
auch vollständig gelang, so daß der Verkehr von der Küste nach der Jauude-
station gesichert ist. Im übrigen wird erst heute allmählich der Ring der
Zwischenhändler im nördlichen Binnenlande durchbrochen, während im Süden
die erhoffte Wareuverbilligung wegender hohen Trägerlöhne noch nicht ein-
getreten ist. Die deutsche Beuue-Tschadsee-Expedition nnter Edling er
hat in neuester Zeit nns Kuude von den nordöstlichsten Gegenden gebracht.
c) Für die Kultivierung des Landes sind folgende koloniale
Erwerbsgesellschaften vou Bedeutuug:
Die „Kameruu-Land- und Plautageu-Gefellschaft" (gegr. 1885, Sitz
iu Hamburg), die „Westafrikanische Pflauzuugsgesellschaft ,Bibuudi'" (früher
Tabaksbaugesellschaft Kamerun), die „Westafrikanische Pflanzungsgesellschaft
,Viktoria'", die „Kamerun - Hinterland - Gesellschaft", die „Deutfch-West-
afrikanische Handelsgesellschaft", die „Moliwe-Pflanzungsgesellschaft", die
„Ramie- und Kakao-Plautagengefellschaft" nnd einige andere.
Der Schwerpunkt aller Pflanzerunternehmungen liegt gegenwärtig
in der Kakaokultur. Auf etwa 2500 ha stehen jetzt ruud 2 Millionen
Kakaobäume. Der Havanatabak gedeiht in der Plantage „Bibunde" ganz
vorzüglich. Auch audere Tropengewächse gedeihen gut, wie Nelken-
pflanzen, Vanille, Ingwer, Pfeffer und Kardamomen. Besonders sind
die praktischen Versuche des Botanischen Gartens in Viktoria den
Pflanznngsnnternehmnngen sehr zu gute gekommen. Viehzucht wird ver-
hältuismäßig wenig getrieben.
cl) Der Handel Kameruns wertete 1901 : 15,2 Mill. M., wovon
6 Mill. M. auf die Ausfuhr und 9,2 Mill. M. auf die Einfuhr kamen
(1895 Ausfuhr 4,1 und Einfuhr 3,7 Mill. M.). 1900 hatte die Ein-
fuhr ihren höchsten Stand erreicht, 14,2 Mill. M. Die Hanptans-
fnhrartikel bilden die Ölpalmprodnkte. Die Ausfuhr au Palmöl
und Palmkernen belief sich auf 114 880 dz im Werte von 2,7 Mill. M.