Das südliche Eismeer. §.5. 21
urplötzlich die Schiffe umringen und einschließen. Diese schwimmenden Eisberge,
welche sich von den großen Eisfeldern des Festlandes ablösen oder auch durch das
Zusammenfrieren abgelöster Eisschollen entstehen, haben die größte Mannichfaltigkeir
in der Bildung ihrer Oberfläche, sind belebt von einer Menge Eis- und Sturmvögel.
Neben dem Walfischfang ist auch der Seehundsfang oder Robbenschlag uud das Ein-
fangen von Eisbären ein lohnender Erwerbszweig für die Grönlandsfahrer geworden.
Die Nordpol-Expeditionen. Drei Thorwege zum Nordpol werden
seit drei Jahrhunderten von den Nordpol-Expeditionen benutzt*): der west¬
lichste durch die Baffinsbai und den ^mith-Sund, eine Lieblingsroute der
Nordamerikaner und Engländer; der mittlere durch das Meer zwischen der
Ostküste Grönlands und Spitzbergen, der Schauplatz der deutfchen^und
schwedischen Expeditionen, und der östlichste durch das Meer zwischen Spitz-
bergen und Nowaja-Semlja, wie es scheint, der den ineisten Erfolg ver-
sprechende. Auf dem ersten Wege gelang es der letzten amerikanischen Nordpol-
Expedition unter Eapitän Hall (1871), durch die Eisverhältnisse begünstigt,
die Breite von 82° 11' zu erreichen. Das von Einigen der Mannschaft unter
84^/z° gesehene Präsidenten!and schloß den Horizont nach Norden ab;
der plötzliche Tod des kühnen Führers wurde zur Schranke für jedes weitere
Vordringen. Auf dem zweiten Wege fanden die beiden deutschen Nordpol-
Expeditionen ungünstige Eisverhältnisse. Deßhalb wählte (1872) die (zweite)
österreichische Expedition (unter Weyprecht und Paper) zur Aufsuchung
einer nordöstlichen Durchfahrt den dritten Weg, das vom Golfstrome durch-
zogene Meer zwischen Spitzbergen und Nowaja-Semlja, und entdeckte 1873
bis 1874 das Franz-Josephs-Land, einen Länder- und Jnseln-Eomplex
von 80—83° (von der Wilczek-Jnsel im S. bis zum Eap Wien auf Peter-
mannsland, dem änßersten sichtbaren Punkt im N.). Durch eine zweimalige
Ueberwinternng in diesen hohen Breiten hatte sie Gelegenheit zu umfassenden
Beobachtungen über die meteorologischen Elemente, über die Natnr des polaren
Klimas, Luft- und Meeresströmungen und die Geographie des nördlichen
Polarmeeres. Das nicht gesuchte Land wurde gefunden, dagegen die gesuchte
Durchfahrt verfehlt.
8. 5.
Das südliche Eismeer,
Das südliche Eismeer oder antarktische Polarmeer (be-
grenzt durch den südlichen Polarkreis) hat gegen Norden keine Land-,
sondern nur Wassergrenzen: den atlantischen, indischen und großen
Ocean, und umfaßt die ganze südliche kalte Zone. Die im südlichen
Eismeere entdeckten Küsteu haben sich bei alleu bisher näher untersuchten
und ringsum ^aufgenommenen antarktischen Ländern als Inseln, und
zwar kleiueu Inseln, angehörend erwiesen^). Diesen von Schnee uud
Eis verhüllten zweifelhaften Landmassen fehlt es jedoch nicht an ent-
zündeten Vulkanen, wie die Schneekegel des Victoria-Landes (Erebus
bis zu 4000 m).
*) S. Petermann's Mitth., 1874, T. 20. — **) S. Peterm.'s Mitth., 1863,
S. 413 ff.