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hin. Von da aus vertrieben, sind die ersten Menschen bald in alle Welt-
gegenden zerstreut und ihre Nachkommen, mit Ausnahme Noah's und sei-
ner Familie, 'durch die Sündflut (^indflut) vertilgt worden. Von Noah
wird ausdrücklich bemerkt, er habe sich in Hocharmenien nieoergelassen.
Die nach allen Himmelsgegenden sich ausbreitenden Menschen waren
in dieser frühen Zeit empfänglicher für äußere Eindrücke, als die Menschen
es jetzt sind; deshalb mußten sie auch nach und nach bei veränderter Le-
bensweise und kälterem oder wärmerem Klima in der Gestalt und Haltung
des Körpers, in der Farbe der Haut und dem Wüchse des Haares, in den
Eigenschaften des Gemüthes und des Geistes wesentliche Veränderungen er-
leiden. Die Menschen, welche in die kältesten Gegenden gelangten, wurden
allgemach kleiner; die Bewohner der heißen Zone brauner und schwärzer;
die Völker der gemäßigten Zone sind heutigen Tages noch die größten.
Der düstere oder heitere Charakter des Menschen hängt hünsig vom
Klima ab; die düstern drückenden Nebel in England erregen in den Ge-
müthern der Bewohner jene bekannte Gemüthskrankheit (spien); der heitere
Himmel Italiens in Verbindung mit dem üppigen Gefilde muß das Gegen-
theil bewirken.
Welchen Einfluß die Nahrung auf den Charakter eines Volkes ausübt,
mögen folgende Beispiele darthun. Die Hindus in Vorderindien, welche
vorzugsweise von Pflanzenkost leben und sich sogar scheuen, ein Thier zu
tobten, sind äußerst sanft und gutmüthig. Die Indianer in Nordamerika,
welche lediglich von dem Ertrage der Jagd sich nähren, führen unter sich
und mit ihren Nachbarn die grausamsten Kriege, ftalpiren *) ihre Gefan¬
genen und martern sie elendiglich zu Tode. Viele Wilde fressen die Ge-
sangenen.
Man theilt das ganze Menschengeschlecht nach der Gesichts- uud Kopf-
bildung, nach der Hautfarbe, dem Haarwuchs, der Größe :c. in 5 ver-
schiedene Raceu, welche theils wieder in Nationen oder Völkerschaften zer-
fallen, theils durch gegenseitige Verbindung mancherlei Abarten hervorgeru-
fen haben. Diese 5 Menschenracen, welche Prof. Blumenbach schon im
vorigen Jahrhundert aufstellte, sind:
1) Die kaukasische Race, durch hohen Wuchs, weiße Hautfarbe,
regelmäßige Gesichtszüge, starken Haarwnchs, gewölbten Schädel
ausgezeichnet, bewohnt den größten Theil von Europa, seruer
Westasien und Nordafrika. Dazu gehören etwa 477 Millionen.
2) Die mongolische Race hat eine weizengelbe Hautfarbe. Der
Schädel ist nicht bloß von den Seiten, sondern auch von vorn
und hinten zusammengedrückt, das Gesicht daher breit und durch
die hervorstehenden Backenknochen unschön. Die Augenlieder sind
enggeschlitzt. In geistiger Beziehung stehen sie durch die Chinesen
und Japaner höher als die folgenden Stämme. Sie bewohnt
das nördliche und östliche Asien, die Polargegenden von Europa
(die Lappen und Finnen), Asien und Amerika, sowie Grönland.
Dazu gehören gegen 520 Millionen.
3) Die äthiopische Race (Neger) zeigt einen hohen, wohlgebildeten
Wuchs , glänzend schwarze Hautfarbe, plumpe Gesichtszüge (die
Nase ist aufgestülpt, die Lippen sind wulstig aufgeworfen, die
*) d. h. die Kopfhaut abziehen.