Astronomisch-Physikalische Geographie. 435
hundert soll der Bischof Vergelins seines Amts und seiner Würden deshalb
entsetzt worden sein.
Es war dem unverdrossenen Streben deutschen Fleißes vorbehalten, jene
hochwichtige Entdeckung zu machen, an der die größten Astronomen und
Denker bisher gescheitert waren. Nikolaus Kopernikus, geb. den 19. Febr. 1473
zu Thorn, stellte in seinem berühmten Werke: äß orbium coelestium revo-
lutionibus lib. VI. (Norimberg. 1543) ein neues System auf, dessen Haupt-
sähe sind: 1) Im Sonnensystem bildet die Sonne den Mittelpunkt und nicht
die Erde; die Sonne hat nur eine Achsendrehung; 2) um die Sonne bewegen
sich die Planeten in Kreisen und in folgender Ordnung: Merkur, Venus,
Erde und Mond, Mars, Jupiter, Saturn. Noch einmal versuchte die Kirche
dem neuen Weltsystem des Kopernikus Einhalt zu gebieten; Galileo Galilei
(1- 1642) mußte, wenn auch mit Widerstreben, seine Ansicht von der Be-
wegnng der Erde öffentlich widerrufen^); allein die Verbesserung des koperni-
konischen Systems durch Joh. Keppler (geb. 1571 uud gest. 1630) hatte
bereits allgemeine Anerkennung gesunden. Der gesunde Menschenverstand fand
die neue Lehre vom Weltall einfach und befriedigend, und kein Verbot konnte
daher bewirken, sich von ihr abzuwenden. Kepplers berühmte Gesetze beruhten
aus genauen Beobachtungen und Berechnungen über die Bewegungen des
Mars, und sind die Grundlage der neueren Astronomie geworden. Es sind
ihrer drei:
1) Die Planeten bewegen sich nicht in Kreisen, sondern in Ellipsen
um die Sonne. Diese befindet sich in einem der beiden Brennpunkte, welche
eben die Ellipse charakterisieren, und dieser Umstand bewirkt, daß ein Planet
auf der einen Seite feiner Bahn in der Sonnennähe (PeriHelium),' auf
der entgegengesetzten in der Sonnenferne (Ap Helium) sich befindet. Die
beide Punkte verbindende Linie geht durch die beiden Brennpunkte der Ellipse
und heißt die große Achse, oder nach den beiden Apsiden (Punkte der Sonnen-
nähe und Sonnenferne) auch die Apsidenlinie. Halbirt man dieselbe
durch eine fenkrechte Linie, welche bis zu dem Umkreis der Ellipse verlängert
wird, so erhält man die kleine Achse der Ellipse.
2) Jeder Planet legt seine Bahn so zurück, daß die Radii Vectores
oder Leitstrahlen, d. i. die vom Brennpunkte nach der Peripherie der Ellipse
gezogenen Linien, in gleichen Zeiten immer eine gleich große Fläche über-
streichen. Die Geschwindigkeit der Planeten ist keine gleichmäßige; im
PeriHelium bewegen sie sich rascher, als im Aphelinm. Eine mittlere Ge-
schwindigkeit haben sie in den Endpunkten der kleinen Achse. Will man da-
her die Geschwindigkeit zweier Planeten mit einander vergleichen, so kann dies
nur nach ihrer mittleren Geschwindigkeit geschehen.
3) Die Quadrate der Umlaufszeiten der Planeten verhalten sich wie die
Würfel ihrer mittleren Entfernungen von der Sonne, z. B. wenn die Erde
in einem Jahr, Jupiter in 12 Jahren feine Bahn um die Sonne zurück-
legt, uud ich weiß, daß die Erde einen mittleren Abstand von 20 682 000
*) Galilei beobachtete die Gestirne zuerst mit dem Fernrohr (1608) und entdeckte Mond-
gebirge, die Jupiter-Monde, die Sonnenflecke zc. Auch fand er die Gesetze des sreien Falls der
Körper.
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