§. 90. Staaten und Colonien. — Iran. Armenien. 573
der Turkmenen, welche die gefangenen Perser in die Sklaverei verkaufen.
Wollen die Turaner aber nach Mekka pilgern, was die Schiiten für einen
Götzendienst halten, so müssen sie auf Umwegen entweder über Rußland oder
über Indien dies ermöglichen. Seit dem Jahre 1000 haben fast beständig
Mongolen und Türken im Lande geherrscht. Nur in der Zeit von 1500 bis
zum Tode des großen Eroberers Nadir Schah. 1747, saßen persische Dy-
nasten auf dem Throne. Die jetzigen Herrscher, in deren Familie der Ber-
wandtenmord die Regel ist, gehören dem Türkenstamme der Kadscharen an.
— Kann man zwar nirgends in Persien von dichter Bevölkerung sprechen,
so müssen doch den fast menschenleeren Wüsteneien die bewohnten Gefilde
gegenübergestellt werden. Der Schwerpunkt des Reiches liegt im Nordwesten,
wo die Gewässer des Elburs fruchtbare Landschaften erzeugen. Am Südfuß
desselben liegt die jetzige Residenz des Schah, Teheran (200000 E.), im
Sommer ungesund, deshalb von der reichen Bevölkerung alsdann gemieden.
An diesem Knotenpunkt der die Salzsteppe umgehenden Straßen lag einst
Rhagä, dessen Trümmer man unweit Teheran wahrnimmt. Masen deran,
der Landstrich am Kaspischen Meer, hat Barsurusch (50000 E.) als Hafen.
Im westlicheren Gilan ist Resch t (60000 E.) Stapelplatz sür die persische
Seide. Den Rang der ersten Handelsstadt des Reiches behauptet Täbris
(120000 E.) in Aderbeidschan, während das benachbarte Urumia (40000 E.)
am gleichnamigen See nur localere Bedeutung hat. In Irak, dem alten
Medien, begegnen wir zunächst Hamadan (30000 E.), das als Ekbatana
dem einstigen Mittelpunkt Mediens entspricht. Der jetzige ist Jssahan
(60—80000 E.); namentlich blühend, als es im 17. Jahrh. (Schah Abbas)
bis zur Thronbesteigung der Kadscharen Residenz war Ueber das Gebirge
gelangt man westlich nach Chusistan, wo Schuschter (32» N., 25000 E.)
nahe den Ruinen von Susa, der Hauptstadt unter den alten Perserkönigen,
liegt. An diese Landschaft stößt östlich Farsista n (Persis), dessen Mittelpunkt
Schiras (30000 E.) seit dem Jahre 1000 Centrum des persischen Lebens
und ein Glanzsitz der Wissenschaften und Künste war, bis Timur (1363) alle
Dichter, Gelehrte und Künstler nach Samarkand verpflanzen ließ. Diese Land-
schaft besitzt jetzt in A bu sch eh r den wichtigsten Seehafen Persiens. Die Haupt-
Handelsplätze am Golfe haben öfters gewechselt. Bender Abbas an der
Straße von Ormus hat gegen srüher sehr verloren. Die Provinz Kirman
gilt noch als Kornkammer des Reiches. Sie leitet uns nach Norden zurück
zur ausgedehntesten Landschaft Khorassan, in der Meschhed (60000 E-),
das Mekka der Schiiten, die hierher nach dem Grabe des Jmam Riza, eines
Nachkommen des Kalifen Ali, wallfahrten, gelegen ist.
9) Die asiatische Türkei hat zwar gegen Kaukasien und Persien
fest vereinbarte Grenzen, nach dem Innern Arabiens zu aber sind sie hinsichtlich
der Gebiete, in welchen die Türkei die Oberherrschaft wirklich auszuüben ver-
mag, so schwankend, daß man die Größe des Reiches nur annähernd richtig
bestimmen kann. Sie soll 34300 aM., 1.900000 dKU. betragen; neuere
Schätzungen nehmen 161 /3 Mill. Bew. an.1) Statt der türkischen Eintheilung
in Vilajets oder Provinzen zu solgen, gehen wir von den alten Landschafts-
namen ans.
a. Türkisch Armenien ist durch den letzten Friedensschluß mit den
Russen um etwa 470 cM., 26000 aKil. mit »/« Mill. Seelen geschmälert
i) Die Schätzungen für viele türkische Gebiete, besonders aber für die Städte,
sind noch sehr unsicher. Die wesentlich niedrigeren Angaben Mordtmann's für ein-
zelne Orte (s. Bevölk. d. Erde VI, S. 110) haben wir nicht aufgenommen, da die
Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist, daß es sich bei denselben nur um das mann-
liche Geschlecht handelt.