10 Die fremden Erdteile.
Südasien.
Man versteht darunter Vorder- und Hinterindien und.den Indischen
oder Malaiischen Archipel.
Vorderindien.
Das weitaus wichtigste Land Südasiens ist Vorderindien.
Es steht fast ganz unter britischer Oberhoheit und bildet mit Britisch-Birma
und Teilen von Iran das Jndobritische Kaiserreich mit 5 Mill. qkm und einer
Bevölkerung von 300 Mill. Einw.
Produktenfülle Indiens. Der Reichtum und die Mannigfaltigkeit der
Naturerzeugnisse Indiens wird von keinem Lande der Erde übertrosscn. Schon
im Altertum war Indien wegen seiner kostbaren Produkte als „Wunderland"
berühmt- es hat aber auch die Umseglnng Afrikas und die Entdeckung Amerikas
veranlaßt und im 19. Jahrhundert die Anlage des Suezkanals bewirkt. Während
indes in den früheren Zeiten die Anziehungskraft Indiens für den Weltverkehr
auf den Gewürzen, den Edelsteinen und kostbaren Geweben beruhte, stehen hente
weit voran: Baumwolle und Jute, dann Reis, Weizen, Opium und Tee.
Die größte Fruchtbarkeit fiudet sich im Tiefland von Hindostan, das
im N. vom Himalaja, dem höchsten Gebirge der Erde, begrenzt und vom
Indus, Ganges und Brahmaputra durchströmt wird.
Siedelungen. Dem Tieflande gehören die zahlreichsten Siedelungen und
insbesondere die meisten indischen Großstädte an, vor allem Kalkutta an der
Mündung des Ganges, Sitz des englischen Vizekönigs und Haupthandelsplatz,
über 1 Mill. Einw. Benares, 210000 Einw., ist die heiligste Stadt der Inder.
Dekan. Der südliche Teil Vorderindiens, das Hochland von Dekan, hat
infolge seiner Randgebirge im Innern Savannen wie das Innere Afrikas, mit welchem
Erdteile es auch über das Senknngsfeld des Indischen Ozeans vermutlich einstens
zusammenhing. An der westlichen, Europa zugewendeten Küste entwickelte sich
der erste Seehafen, Bombay, 800000 Einw. Der einzige leidlich gnte Hafen
an der Ostküste ist Madras, % Mill. Einw. — Ebenfalls englisch und ein
Glied des vorderindischen Hochlandes ist Ceylon, aus dem die Teeknltnr in ganz
erstaunlicher Weise sich entwickelt hat (Ausfuhr 1904: 159 Mill. Pfd.).
Die Engländer und das indobritische Kaiserreich. Trotz ihrer geringen
Anzahl — es sind deren etwa 200000 — bilden die Engländer in diesem so stark
bevölkerten Gebiete das maßgebende Element. Es erklärt sich dies vor allem
daraus, daß der Inder sich nicht als Angehöriger eines einzigen großen Volkes,
sondern nur als Mitglied einer Kaste fühlt, weshalb es auch kein starkes ein¬
heitliches Volksbewußtsein gibt. Nicht minder aber kommt hierfür in Betracht
die überlegene Einsicht der Engländer und namentlich auch ihre treffliche Ver-
waltung, die Bewundernswertes geleistet hat. Ein Schienennetz, länger als der
Äquator, durchzieht das Land, Bewässerungsanlagen großen Stils haben öde
Gebiete in Kulturlandschaften verwandelt, das Los der rechtlosen Paria ist gemil-
dert, grausame Gebräuche, wie die Witwenverbrennung, sind abgeschafft; der über-
seeische Verkehr ist erstaunlich gewachsen. Doch macht sich mehr und mehr eine
Bewegung geltend, deren Losnng ist: „Indien den Jndiern".