Die Wasserhülle (Hydrosphäre). 61
Die Flüsse.
Faktoren der Flußbildung. Gleich den Quellen und Seen erscheinen
die Flüsse in erster Linie als ein Erzeugnis des Klimas; ohne Niederschläge keine
Bäche und keine Flüsse. Die Natur und die räumliche Entwicklung der Flüsse
werden aber außerdem noch wesentlich beeinflußt durch die Gesteinsbeschaffen-
heit des Bodens und besonders durch die Bodengestaltung eines
Landes, so daß also noch der geologische und der morphologische Faktor in
Betracht zu ziehen sind.
I. Die Flüsse als Erzeugnis des Klimas.
Flüsse ohne dauernde Wasserführung. In sehr trockenen Klimateu, Steppen
und Wüsten, fehlen eigentliche Flüsse ganz, es bilden sich nur vorübergehend
Regenbäche, die freilich mitunter zu verheerenden Strömen anwachsen, wie in
Südafrika. Den größten Teil des Jahres liegen die Täler trocken; sie führen
im Arabischen den Namen Wadi.
Eine verwandte Natur zeigen die Flüsse des Mittelmeerklimas, die in
regenreichen Herbst- und Wintermonaten nicht selten wild überschäumen, in den
trockenen Sommermonaten hingegen teilweise ganz versiegen oder nur mehr eine
Folge von Tümpeln, Fiumare genannt, bilden, also ungemein starke Schwankungen
des Wasserstandes aufweisen.
Flüsse mit dauernder Wasserführung. In den Gebieten mit zureichenden
Niederschlägen, also in den Tropen- und Monsungebieten, in West-, Mittel- und
Osteuropa ic. haben die Flüsse dauernde Wasserführung; ihre Hochwässer treten
entweder in der feuchten Jahreszeit ein, wie in den Tropen, den Monsungebieten,
in Westeuropa, oder infolge der Schneeschmelze, wie in Osteuropa, in Nordamerika
und Sibirien. Deutschland zeigt beide Formen von Hochwässern.
Durch die klimatischen Verhältnisse eines Landes werden also die Dauer der
Wasserführung und die Wasserstände eines Flusses, insbesondere dessen Schwell-
zeiten bestimmt.
II. Gesteinsbeschaffenheit des Bodens und Flußbildung.
Wasserdurchlässiger Boden, also Löß-, Sand- und Kalkboden, erschwert oder
behindert wie die Bildung der Quellen so auch die der Bäche und Flüsse. Der
zerklüftete Karstboden mit seinen großen unterirdischen Hohlräumen läßt die Bäche
versinken und sammelt sie in der Tiefe. So entstehen Höhlenflüsse wie die Poik
in der Adelsberger Grotte und die Reka bei St. Canzian.
HI. Die Flüsse als morphologische Erscheinung und in ihrer Beziehung
zum Menschen.
1. Stufen des Flußlaufes.
Größere Flüsse weisen in den einzelnen Teilstrecken ihres Laufes vielfach
einen recht verschiedenen Charakter aus. Ihr Oberlauf liegt meist im Gebirge
oder auf Hochflächen; Klammen und Wasserfälle beleben das Talbild, die Wasser-
stände bewegen sich in großen Gegensätzen und infolge des starken Gesälls führt
der Fluß auch viel Geröll mit sich. Durch seine stürmische Natur wird er dem
Fischer-Geistbeck, Erdkunde für höhere Schulen. VI. Teil. 3. Aufl. 5