Full text: Länderkunde von Europa, Wiederholungskurs, Die wichtigsten Handels- und Verkehrswege der Jetztzeit, Elementare mathematische Geographie (Teil 5)

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nach Kassel zu schicken. Sie fragten daher beim Direktor desselben an, ob 
er die Prinzen annehmen wolle. Der Direktor war dazu geneigt, verlangte 
aber, daß sie sich wie die übrigen Schüler genau an die Schulordnung 
halten müßten. Mit diesem Bescheide waren die Eltern vollkommen ein- 
verstanden. Im Herbst 1874 bezog Prinz Wilhelm somit das Gymnasium 
zu Kassel. Er wurde in keiner Weise bevorzugt, wie seine Mitschüler mit 
„Sie" angeredet und „Prinz Wilhelm" aufgerufen. Sogar kleinere Dienste, 
welche auch die andern Schüler ausführten, verrichtete er; so reinigte er 
die Wandtafel, spitzte die Kreide und wusch die Schwämme aus. Als 
Schüler war er gehorsam, fleißig und liebenswürdig gegen seine Mitschüler. 
Seine Kleidung war so einfach, daß niemand den hohen Fürstensohn in 
ihm vermutete. Stets war er zur rechten Zeit in der Klasse; seine Auf- 
gäbe hatte er immer gelernt, und er machte recht gute Fortschritte. Sehr 
gewissenhaft benützte er die Zeit; nie ging er müßig. Wenn er seine 
Schularbeiten gemacht hatte, trieb er körperliche Übungen, wie Fechten, 
Reiten, Schwimmen, Turnen und Schlittschuhlaufen. In der freien Zeit 
machte er oft Spaziergänge und -fahrten in die Umgegend von Kassel.1 
Dabei begleiteten ihn stets Schüler aus seiner Klasse, und zwar gingen 
jedesmal andere mit, so daß alle an die Reihe kamen.2 Drei Jahre blieb 
er in Kassel. Die Abgangsprüfung bestand er in glänzender Weise. Er 
erhielt sogar eine von den drei Denkmünzen, mit welchen alljährlich die 
fleißigsten und würdigsten Schüler ausgezeichnet wurden. Das freute ihn 
fehr.3 Später besuchte er auch noch zwei Jahre lang die Hochschule zu 
Bonn. Hier war er wieder sehr fleißig; nach gethaner Arbeit freute er 
sich im Kreise der andern Studenten. Noch oft gedachte unser Kaiser 
nachher der frohen Zeit, die er in Bonn verlebte. 
B. 1 Er besuchte dabei auch die Werkstätten der Arbeiter. Hier sah und hörte 
er vieles, was Fürsten und Fürstenkindern in der Regel verborgen bleibt. Schon damals 
faßte er den ernsten Borsatz, den Armen und Bedrückten zu helfen und die Lage der Not- 
leidenden nach Möglichkeit zu verbessern. 
2 Vgl. „Hilfsbüchlein" S. 9: „Die Blumenhändlerin". 
3 Der Geheimrat Wiese berichtet: 
Prinz Wilhelm kam jeden Morgen zu Pferde von Wilhelmshöhe, wo er im 
Sommer wohnte, herein und war jedesmal pünktlich um 7 Uhr in seiner Klasse. Nach 
dem Willen des Kaisers wurde die Klasse, welcher der Prinz angehörte, auf zwanzig 
Schüler beschränkt. In seinem Äußern und in seiner Haltung fand ich ihn von seinen 
Mitschülern nicht verschieden und in seinem Wesen durchaus bescheiden und anspruchslos. 
W. Wo studierte unser Kaiser? Warum begab er sich hierhin? Berichte über 
seine Aufnahme! Welche Schülertugenden bewies er? Wie benutzte er die freie Zeit? 
Mit welchem Erfolg studierte er? Warum ging er auch noch nach Bonn? 
Seh. Ü. l. Unser Kaiser als Student. 2. Kaiser Wilhelm, ein Schülervorbild. 
3. Die Blumenhändlerin.
	        
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