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Zwölftes Kapitel.
Jene Abbildungsmetboden, deren sich die moderne Karto¬
graphie bedient, zerfallen in der Hauptsache in vier Gruppen:
sie sind winkeltreu (konform), flächentreu (aequi¬
vale nt), längen treu (aequi distant) oder endlich einem be¬
stimmten Zwecke angepasst. Im ersteren Falle gilt das von
Gauss klar formulierte Prinzip : Original und Kopie müssen
einander in den kleinsten Teilen ähnlich sein. Im
zweiten Falle, der besonders für Karten notwendig ist, mittelst
deren Flächenvergleichungen vorgenommen werden sollen, wird
verlangt : Flächengleiche Figuren auf der Kugel müssen
auch durch flächen gleiche Figuren in der Bildebene
wiedergegeben werden Aequidistante Abbildungen bewirken,
dass die Distanzen, vom Kartenmittelpunkte aus gemessen,
sich auf der Karte ebenso, wie auf der Kugelfläche, verhalten.*)
Zur Erläuterung des vierten Falles dienen die speziellen Angaben
der nächsten Paragraphen. Von der grossen Anzahl bekannter
Abbildungsmethoden sollen vier hier eine Stelle finden, von
welchen drei perspektivisch sind.
wichtige 83. a) Orthographische Projektion. Das Auge
methodeñS" befindet sich in unendlicher Entfernung und sieht von da aus eine
Halbkugel, deren Basisebene auf dem zum Auge gehenden Parallel-
strahlenbündel senkrecht steht. Die Umgegend des sichtbaren Poles
der Grundfläche wird genau, eine Gegend nahe der Basis wird
stark verzerrt abgebildet. Mond- und Planetenkarten (§ 71).
b) Gnomonische oder zentrale Projektion. Das
Auge befindet sich im Zentrum der aufzunehmenden Kugel, und
eine Tangentialebenè dient als Bildebene. Erreicht wird der Vor¬
teil , alle Hauptkreise in grade Linien verwandelt zu
erhalten. Dies macht die gnomonischen Erdbilder sehr geeignet
für Seekarten, zumal wenn solche kombiniert werden mit Karten in
c) Mercators Projektion. Denken wir uns für die Erd¬
kugel das System der Meridiane konstruiert, so können wir uns
auch eine krumme Linie denken, welche alle diese Hauptkreise
unter konstantem Winkel schneidet, und dieser Linie müsste ein
Schifi' folgen, welches stets nach dem nämlichen Kurse
segeln wollte. Diese Kurve, die Loxodrome, legt sich in
unzähligen Windungen um den Pol herum, ohne ihn zu erreichen.
Um nun den Seeleuten Karten in die Hand geben zu können,
*) Längentreue ist somit minder allgemein als Winkel- oder Flächentreue.