fullscreen: Grundlehren der mathematischen Geographie und elementaren Astronomie

§ 19. Altere Vorstellungen und Beweisgründe. 
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Entdeckungsfahrten der Spanier und Portugiesen — von 1492 
bis 1530 — völlig bekehrt wurden. 
Die oben entwickelten Gründe, durch welche wir uns zur 
Annahme der Kugelgestalt geradezu genötigt sahen, sind auch die 
wissenschaftlich allein probehaltigen. Allerdings pflegt man deren 
auch noch andere anzuführen. Völlig wertlos ist der Hinweis auf 
die — erst durch das Fernrohr erkannte — Sphaerizität der 
anderen Planeten ; etwas besser bestellt ist es mit dem von 
Aristoteles beigebrachten Argumente, dass die Schattengrenze 
des teilweise verfinsterten Mondes kreisförmig sei, allein beweis¬ 
kräftig ist dasselbe schon deswegen nicht, weil auch andere als 
sphärische Körper sich unter Umständen kreisförmig projizieren 
können. Auch auf die Erdumseglungen wird zu viel Ge¬ 
wicht gelegt, denn durch sie wird ersichtlich nichts weiter bewiesen, 
als dass, längs des zurückgelegten Weges, die Erdoberfläche 
lückenlos und von Ecken und Kanten frei ist. Andererseits ist 
es richtig, dass die bekannte Beobachtung, nach welcher auf dem 
Meere und sogar auf ausgedehnteren Binnengewässern von nahenden 
Gegenständen (Schiffen) zuerst die oberen und nach und nach auch 
die unteren Teile sichtbar werden, für die kontinuierliche Krüm¬ 
mung der Wasserfläche Zeugnis ablegt.*) Auch haben Forel 
und Dufour am Genfer See durch Messung bewiesen, dass die 
Sonnenscheibe vom Wasser in etwas elliptisch verzerrter Weise 
reflektiert wird, weil dessen Fläche eben nicht wie ein — kon¬ 
gruent-symmetrische Bilder erzeugender — Planspiegel, sondern 
wie ein Konvexspiegel wirkt. 
Die mathematische Kugelform gilt also eigentlich nur für 
die den Erdkörper selbst konzentrisch umschliessende Hydro¬ 
sphäre, während der Festlandfläche durch Berge und Täler 
Eintrag an dieser Gestalt geschieht. Allein schon The on der 
Alexandriner wies in seinen Erläuterungen zum Ptolemaeus 
rechnerisch nach, dass die Erhebung des höchsten Berges 
und die Senkung des tiefsten Tales neben der 
Grösse des Erdhalbmessers verschwindend kleine 
Werte haben. 
*) Wer z. B. von Bernried aus mit einem guten Fernrohre über den 
Würm-See hinwegsieht, erblickt vom Bahnhofgebäude in Starnberg bloss das 
erste Stockwerk, nicht aber Erdgeschoss und Perron, und von dem noch eine 
gute »Stunde weiter nach Norden gelegenen Schlosse Leutstetten lediglich die 
oberen Teile. 
Günther, Mathem. Geographie. 
VI. Auflage. 
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