Metadata: Von der Urzeit bis zum Dreißigjährigen Kriege (Teil 1)

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handeln. In den Gebieten nördlich des Po hatte man Jldibad, 
einen Verwandten des Westgotenkönigs, zum König ausgerufen, 
unter dem der Kampf in das Stadium der Versumpfung geriet. 
Bald genug aber wurde der neue König, aus Gründen persönlicher 
Gegnerschaften, ermordet. Sehr merkwürdig nun, daß bei seinem 
Tode ein nationaler Gegensatz zutage tritt, von dem wir 
generationenlang nichts mehr vernommen: die Rugier, die sich der¬ 
einst dem Zuge Theoderichs angeschlossen, und von denen man hätte 
glauben mögen, daß sie inzwischen ganz in die Ostgoten aufgegangen, 
erscheinen mit einem Mal als selbständiger Stamm, und versuchen 
die Führung an sich zu reißen: in Erarich erheben sie einen An¬ 
gehörigen ihres Stammes auf den Thron. Und so sehr werden 
noch die Stammesunterschiede empfunden, daß sich die Ostgoten 
dieser Leitung nicht fügen wollen, sondern den Erarich — der 
übrigens politisch ganz in die Bahnen des Theodahad und Witiges 
einlenkte —, beseitigen, und den Badwila, einen Neffen Jldibads, 
zum König ausrufen. 
Mit Badwila hatte man endlich den Mann gefunden, der sich 
der durch die Sünden seiner Vorgänger sehr bedenklich gewordenen 
Situation gewachsen zeigte. In seiner Haltnng im Innern er¬ 
neuerte er ganz die Politik des Theoderich, die sich bie Versöhnung 
des nationalen Gegensatzes zwischen Römern und Goten zum Ziel 
gestellt: ohne nach Art der Regentin den Römern auf Kosten der 
Goten Zugeständnisse zu machen, zeigte er ihnen doch Güte und 
Wohlwollen, hatte für sie stets ein geneigtes Ohr, sorgte für Auf¬ 
rechterhaltung von Recht und Ordnung, mutete ihnen an Leistungen 
nur das zu, was ganz unerläßlich war. Derartige Bestrebungen 
fanden nun dadurch einen ganz besonders günstigen Boden, daß die 
Bewohner der von Belisar zurückgewonnenen Landesteile inzwischen 
den byzantinischen Steuerdruck und die Last des byzantinischen 
Beamtentums schon genügend kennen gelernt; sie merkten jetzt durch 
die Tat, welch ein Unterschied zwischen gotischer und byzantinischer 
Herrschaft. Insbesondere die Herzen der kleinen Leute schlugen 
entschieden dem milden und wohlwollenden gotischen König zu. Die 
römische Aristokratie freilich verhielt sich — genau wie einst unter 
Theoderich — reserviert; sie vermochte Badwila — der doch immer 
gotischer Herrscher war und bleiben wollte — nicht zu gewinnen; 
ihre Sympathien standen nach wie vor auf byzantinischer Seite. 
In die Kriegführung kommt mit Badwila neues Leben. Er 
verzichtet darauf, sich auf auswärtige Allianzen zu stützen, sucht sich 
vielmehr aus eigner Kraft, vermittels des gotischen Heeres zu be¬ 
haupten; er begnügt sich nicht, den vorgefundenen Besitzstand zu 
verteidigen, sondern ist bestrebt, das durch Schuld seiner Vorgänger 
verlorene Mittel- und Süd-Italien wiederzugewinnen. Dabei ist er 
weit davon^ entfernt, bloß Soldat zu sein; er hat offenbar bald 
erkannt, daß die Macht der Goten doch zu schwach ist, um es auf 
Beyer, Lesebuch zur Deutschen Geschichte. I. 2
	        
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