Full text: Alte Geschichte (Theil 1)

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erhalten haben sollte. Mit seinem Leben schied auch, wie man mit Recht 
behaupten kann, die Einigkeit ganz aus Griechenland, obschon dieses erst 
jetzt recht eigentlich den Höhenpunkt seines Glanzes erstieg. 
Noch zu Lebzeiten Cimon's hatte sich in Athen Perikles erhoben, — 
ein Mann, groß von Geist, groß als Feldherr, Staatsmann und Redner, 
aber auch berühmt als Beförderer der Künste und Wistenschaften. Er stand 
40 Jahre lang an der Spitze Athens und durch ihn erreichte der Staat 
sein höchstes Ansehen und seinen höchsten Ruhm. Er verherrlichte die 
Stadt durch die schönsten Bauwerke, die noch heut zu Tage in Ruinen 
Staunen und Bewunderung erregen. Zu jenen Bauwerken gehörten ganz 
vorzüglich die Propyläen, d. i. das Thor und der Vorhof zu der Akropolis 
(das Schloß), das große und prächtige Pantheon (ein Tempel der Minerva). 
Er machte die Bundesgenossen dem Staate zinsbar und erhöhte die Land- 
und Seemacht. Um die Herrschaft zu erhalten und zu behalten, schmeichelte 
er dem Volke und gab ihm häufige Feste, räumte ihm mehr Rechte ein, 
als Solon's Gesetze heischten, legte aber auch zugleich dadurch, daß er die 
Staatseinkünfte an das Volk verschwendete und dasselbe zum Müßiggänge 
und Wohlleben gewöhnte, den Grund zum Untergange der Republik. Da¬ 
durch mußte die Gesittung des Volkes von selbst fallen; sie sank auch unter 
den Frauen. Hierzu trug die Gattin des Perikles, Aspasia, viel bei. 
Sie war eine schöne, geistreiche Frau und eben dadurch, wie durch die 
Stellung ihres Mannes von großem Einflüsse auf das weibliche Leben ihrer 
Zeit. Die kleinasiatische Stadt Milet*) war ihr Geburtsort; wie sie nach 
Athen gekommen ist, weiß man nicht; vermuthlich kam sie mit irgend einem 
Verwandten dahin, um, wie viele griechische Flüchtlinge aus Klein-Asien, 
in dem Freistaate der Athener Schuß zu suchen. Die beständigen Gefahren, 
welchen die klein-asiatischen Griechen unterworfen waren, indem sie sich bald 
mit Hilfe ihrer europäischen Landsleute vom persischen Joche frei machten, 
bald wieder in dasselbe zurückgeführt wurden, mochten wohl ihre Sitten 
verwildert haben, so daß auch die Frauen, häufiger in das lärmende Leben 
der Männerwelt hineingezogen, sich weniger Zwang auflegten, als ihnen 
ziemte. Daher wurden auch solche Griechinnen aus Klein-Asien, wenn sie 
entweder als Kriegsgefangene und Sklavinnen oder als freie Bürgerinnen 
nach Europa kamen, ihres ungebundenen Wesens halber aus allen Fami¬ 
lienverhältnissen ausgeschlossen und im Vergleiche mit den sittsamen Haus¬ 
frauen für Hetären gehalten. Dieses Loos traf auch die schöne und geist¬ 
reiche Aspasia, welche noch mehr verlassene Mädchen ihres Vaterlandes 
in ihr Haus aufnahm, sie wie eine Mutter unterrichtete und bildete, und 
es gerne sah, wenn weise Männer, Künstler und Staatsmänner sie besuch¬ 
ten und durch geistreiche Unterhaltung die Bildung ihrer Pflegetöchter voll- 
*) Eine griechische Stadt, aus welcher die im Alterthuine so beliebten milesi- 
schen Mährchen stammen.
	        
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