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Die drei südlichen Halbinseln von Europa zeigen eine gewisse Überein¬
stimmung, obwohl ihre Besiedlung mit Völkern und ihre Bedeckung mit Pflanzen
sich im Laufe der Zeit geändert hat, denn sie haben sämtlich ein mildes Klima
und stehen unter dem Einflüsse des Meeres. Doch zeigt sich von W. nach 0. insofern
eine Änderung, als die Wärme fortschreitet und die Feuchtigkeit abnimmt, die
Gliederung dagegen zunimmt.
Gleichartig ist auch die Lebensführung, die durch das Klima bedingt ist.
Unter dem milden Himmel braucht nicht soviel Wert auf das Haus und die Woh¬
nung gelegt zu werden, denn man bedarf weniger des schützenden Daches, als
unter dem rauheren Himmel von Mittel- und Nordeuropa. Auch der Straßenbau
erheischt hier nicht dieselbe sorgfältige Ausführung wie im N. und das Straßen¬
leben ist sogar von dem der nördlichen Länder grundverschieden, denn das häus¬
liche Leben sowie der Betrieb des Handwerks und der Verkehr der Einzelnen
unter sich spielt sich hier fast durchweg in der Öffentlichkeit ab. Das Klima wirkt
auch auf die Kleidung ein, die luftiger und nachlässiger sein darf als in kälteren
Gegenden. In bezug auf die Nahrung ist man hier nicht so sehr auf Fleisch und Fett
angewiesen wie unter kühleren Himmelsstrichen; man bevorzugt die Ernährung
aus dem Pflanzenreiche und benutzt statt der festen Butter das öl. Schließlich
wirkt die heißere Sonne auch auf den Charakter der Bevölkerung ein, die hier
lebhafter und feuriger, leidenschaftlicher und unbeständiger ist als die bedächti¬
geren, kühler überlegenden Völker des Nordens.
Das Mittelländische Meer ist von der nur 13 km breiten Gibraltarstraße
gegen den Atlantischen Ozean fast abgeschlossen. Eine zwischen Europa und
Afrika bestehende Landbrücke trennt durch Inseln und Landzungen den Tyrrhe¬
nischen und den Ägäischen Einbruch und damit die beiden Hälften des Meeres.
Das Adriatische Meer ist seiner Richtung nach eine Fortsetzung des Roten Meeres,
das mit den afrikanischen Grabeneinbrüchen in engem Zusammenhange steht.
In früherer Zeit bestand eine offene Verbindung mit dem Atlantischen Ozean
nördlich der Pyrenäenhalbinsel und die Grenze zwischen Europa und Afrika lag
damals in der Gegend der jetzigen Garonneniederung. Die Einbrüche des Mittel¬
ländischen Meeres gehen bis zu 4600 m Tiefe und die durchschnittliche Tiefe von
-■>000 m bringt es mit sich, daß das Mittelländische Meer nur sehr schwer erkaltet
und deshalb im Sommer und Winter gleichmäßig einen erwärmenden Einfluß
auf seine Küstenländer ausübt.
Das Klima der Mittel meerländer ist mild und die Wärme sinkt außer auf
den Bergen selten unter 0°. Der weitaus größte Teil hat Winterregen und erhält
( inen durchschnittlichen Jahresniederschlag von 70 cm. Große Wärmeunterschiede
kommen nicht vor, nur der Balkan hat harte W inter und auch auf der spanischen
Hochfläche sind schärfere Gegensätze zwischen Winter und Sommer zu beobachten.
Das Bergland von Galicien und das Gebiet von Bosnien haben vorwiegend Sommer¬
regem Die milde Luft erfährt häufig durch kalte, von den Bergen herabstürzende
Fallwinde empfindliche Störungen, so an der Ligurischen Küste durch den Mistral,
gegen dessen verderblichen Einfluß die Gärten durch hohe Zypressenhecken
geschützt werden, und am Adriatischen Meere durch die Bora, das „wilde Kind der
Julischen Alpen Ein glühend heißer Wind ist der Schirokko, der namentlich
über Italien dahinbraust.
In der Geschichte hat das Mittelländische Meer zur Zeit der Phönizier und der
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