Full text: [Teil 5] (Teil 5 = (Für Untersekunda))

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ist, und außerdem wird sie durch die Freihandelspolitik der Regierung gefördert. 
Seit 25 Jahren hat sie gegen die Union und gegen Deutschland sehr eingebüßt, 
besonders auf dem Gebiete der chemischen und der Eisenindustrie. Das Uber- 
legenheitsgefühl ist gesunken, und man bemüht sich, den unangenehmen Wett¬ 
bewerbern möglichst viele Schwierigkeiten in den Weg zu legen. Die Mittelpunkte 
der Industrie sind die Kohlengebiete, das an billigen Arbeitskräften reiche Irland 
und London. 
Die Weberei verarbeitete im Mittelalter nur Schafwolle, seit 1500 auch Baum¬ 
wolle. Diese wird in großen Mengen aus Amerika und aus den Kolonien herbei¬ 
geschafft. Zwei Drittel der Baumwollindustrie ist in und um Manchester vereinigt. 
Die Haupthäfen des Baum Wollhandels sind Liverpool, Manchester und Glasgow 
für Amerika, London für Indien und Ägypten. Die Schafwollindustrie ist durch die 
Einführung des Webstuhles und der Kammgarnspinnerei hoch gekommen und hatte 
früher solche Bedeutung, daß bis zum Jahre 1825 die Wollausfuhr verboten war. 
Man stellt namentlich feine Kammgarne und Flanelle her. Da man in Irland die 
Wollweberei vernichtete, um die englische Industrie zu heben, so kam dort die Lein¬ 
weberei auf. Als im Krimkriege die Zufuhr des russischen Hanfs unterblieb, führte 
man die Jutefaser ein, außerdem auch die Kokosfaser und das Chinagras. Seit 
dem 14. Jahrhundert wird Seidenweberei betrieben, die in späterer Zeit durch 
die Einwanderung von Hugenotten einen großen Aufschwung nahm. Mit der 
Weberei steht eine großartige Bekleidungsindustrie im Zusammenhange, die allein 
für 200 Millionen Mark Waren ausführt. 
Die Eisenindustrie arbeitete früher mit eingeführtem steirischen Eisen. Ihre 
Steigerung schreibt sich von der Erfindung des Gußstahles und des Besse mer- 
Prozesses sowie des Dampfhammers her. Maschinenbau, Schiffbau, die Herstellung 
von Panzerplatten und Geschützen für die Kriegsflotte stehen in erster Linie, 
außerdem leisten Sheffield und Birmingham sehr viel auf dem Gebiete der Klein¬ 
eisenwaren. Die chemische Industrie bringt zwar große Massen der verschiedensten 
Gegenstände auf den Markt, ist aber wissenschaftlich von Deutschland abhängig. 
Spiegelglas, Steingutwaren und Porzellanwaren werden infolge des Reichtums an 
Ton und Erden in großen Mengen erzeugt. Für die Lederindustrie ist London der 
maßgebende Markt. Bessere Papiersorten kommen vornehmlich aus England. Ganz 
riesig ist die Industrie der Genuß mittel. Die Bierbrauerei wird im großen betrieben 
und der Bierverbrauch beträgt jährlich auf den Kopf 1201. Außerdem werden sehr 
viel Gin, Whisky und andere Spirituosen gebrannt. Der Zuckerverbrauch ist so 
groß, daß man den Zucker in England nicht als Genußmittel, sondern als Nahrungs¬ 
mittel bezeichnen kann. 
Der Verkehr in dem Inselreiche wird dadurch erleichtert, daß die Küste vielfach 
gegliedert ist und daß er nur an wenigen Stellen durch große Erhebungen behindert 
ist. Die Einrichtungen sind eigenartig und vorbüdlich. Zwar sind die Landstraßen 
mit wenigen Ausnahmen für schweres Fuhrwerk nicht fahrbar, aber bezüglich 
der Eisenbahnen ist England nicht nur das Mutterland, sondern es steht auch den 
meisten Staaten voran. Sie sind im Privatbetrieb und werden kaufmännisch 
verwaltet. Auf kürzere Strecken konnten sie in dem ebenen Gelände große Ge¬ 
schwindigkeiten erzielen. Die Post hat mit den Kolonien ein Einheitsporto, wodurch 
die Beziehungen zu diesem wichtigsten Absatzgebiet und Lieferungslande sehr 
gefestigt werden. Großbritannien hat auch das größte Kabelnetz, und zwar ein
	        
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