Europa.
Europa ist nicht wie Afrika, die beiden Amerika oder Australien ein rings
vom Meer umflossenes Festland, sondern nur ein westlicher Vorsprung Asiens,
nicht selbständiger als Vorderasien oder die südlichen Randgebiete Asiens.
Nur infolge des Umstandes, daß zwischen der Mitte von Europa und seinen
Gliedern stets Wechselbeziehungen statthaben konnten und daß ihre Bewohner
sich beeinflußten, konnten die Europäer eine länger andauernde und selbständige
Entwicklung nehmen und daraus das Recht herleiten, ihren Wohnort als einen
eigenen Erdteil zu bezeichnen.
Durch die Landesnatur läßt sich die Selbständigkeit Europas nicht erweisen,
denn der größte Teil des osteuropäischen Tieflandes trägt dasselbe Gepräge wie
die asiatischen Nachbargebiete und müßte deshalb eigentlich als Halbasien noch
mit zu Asien gerechnet werden.
Doch hat man sich gewöhnt, das Uralgebirge als die Grenze gegen Asien
anzusehen, während man bis in das 18. Jahrhundert hinein den Don als die Grenze
Europas betrachtete. Südlich vom Uralgebirge legt man die Grenze wohl am
besten nicht in den Uralfluß, der kein Merkmal einer Grenze an sich hat, sondern
auf die das Uralgebirge fortsetzenden Höhen bis zum Kaspischen Meere und von
dort zum Schwarzen Meere durch die Manytschniederung. Den Kaukasus rechnet
man allgemein zu Asien, obwohl er die Fortsetzung des Jailagebiiges ist.
Je nach der Grenzlinie und je nachdem, ob man die arktischen Inseln und
die westafrikanischen Inseln zum Erdteil rechnet oder nicht, schwankt die
Größe Europas zwischen 9 250 000 und 10 330 000 qkm, so daß man zweckmäßig
die Zahl von 10 Millionen Quadratkilometer ansetzt.
Bodenform.
Form und Aufbau des Erdteiles haben eine lange Entwicklungsgeschichte
hinter sich. Die große Masse des nordöstlichen Europa ist ein großes Tafelland,
das in neueren Zeiten keine größeren Umwandlungen mehr erfahren hat. Nur
in seinem NW., wo es an den „Baltischen Schild“, eine große aus Urgestein
bestehende Masse, anstößt, hat es durch die Gletscherbewegung Veränderungen
erlitten. Nordwesteuropa besteht aus einem sehr alten Gebirge, das durch zahl¬
reiche Einbrüche und gegenseitige Höhenverschiebung der einzelnen Erdschollen
seine Form erhalten hat und im Laufe einer langen Entwicklungsgeschichte zu
tafelförmigen Landstrichen und flachgewölbten Kuppen und Rücken abgetragen
worden ist. Zu diesem Schollenlande gehören die hochliegenden Massen von
Norwegen und Schottland, von Südfrankreich und Mitteldeutschland sowie die
weniger gehobenen Rumpfschollen von Irland und England, Nordfrankreich und
Norddeutschland.
Von diesen älteren Teilen Europas unterscheidet man Landstriche jüngerer
Faltung, besonders den südeuropäischen Faltengürtel, der sich von den Pyrenäen
durch die Alpen und Karpaten zum Balkan und Kaukasus, ferner zur Sierra
Nevada, zum Apennin und durch die Dinarischen Alpen bis nach Griechenland