Full text: Erdkunde für höhere Schulen

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Tie deutschen Kolonien. 
für seine Jndustrieprodukte sowie zur Erzeugung der für feine Industrie erforder¬ 
lichen Rohstoffe. 
An dem Umfang des überseeischen Verkehrs und der Handelsschiffahrt 
gemessen, ist das Deutsche Reich nächst England geradezu das kolonial- 
bedürftigste Land der ganzen Erde. 
1). Die Mesthungen der fremden Kolonialmächte im Vergleich 
zu den deutschen Kolonien. 
Tie größte europäische Kolonialmacht ist England. Seine sämtlichen Außen- 
befitznngen umfassen sast 29 Mill. qkm, d. t. fast die dreifache Größe Europas und 
360 Mill. Einw., d. i. rund 1/i aller Menschen der Erde. Dazu besteht das Bestreben, 
den gesamten britischen Besitz zu einem wirtschaftlich einheitlichen Reiche zu verschmelzen, 
aus Great Britain (Großbritannien) ein Greater Britain (Größer - Britannien) 
zu machen. 
Den wertvollsten Besitz Englands bildet das Kaiserreich Indien. Mit leinen 
fast 300 Mill. Einwohnern spielt es im englischen Außenhandel mit die hervorragendste 
Rolle. Freilich ist und bleibt Indien auch die empfindlichste Stelle des englischen 
Kolonialbesitzes; denn trotz vieler segensreichen Neuerungen des englischen Regiments 
will dort das Gefühl, von den Fremden ausgebeutet zu werden, nicht weichen. 
Von größter Bedeutung für England sind serner, da für Ackerbau und 
Auswanderuug geeignet, Britifch-Nordamerika, Südafrika und Australiern 
Ganz besonders erfolgreich war England in den letzten Jahrzehnten in Afrika, 
namentlich im Osten dieses Erdteils. Ägypten ist wenigstens tatsächlich im Besitze 
Englands, damit zugleich der Suezkanal, die wichtigste Zngangsstraße nach Indien; 
der portugiesische Besitz ist handelspolitisch ebenfalls nur ein Zubehör Englands; sonach 
ist die von dem Engländer Ceeil Rhodes ausgegebene Losung „Afrika englisch vom 
Kap bis Kairo" beinahe verwirklicht. Einzig Dentsch-Ostasrika unterbricht hier den 
Zusammenhang des englischen Gebietes. 
Vorzüglich haben die Engländer es endlich verstanden, Stützpunkte ihres Handels 
und ihrer Seemacht zu erwerben, so Gibraltar, Malta, Aden, Singap0re, 
St. Helena, die Bermudas-Juselu u. s. w. 
Die wertvollen Kolonien an der Ostküste Nordamerikas, die heutigen Bereinigten 
Staaten von Amerika, gingen England dnrch Abfall 1776 verloren. 
Den zweiten Platz unter den Kolonialmächten Europas nimmt Frankreich 
ein, freilich erst in weitem Abstände von England. Zwar hatte Frankreich schon im 
18. Jahrhundert ansehnliche Kolonialgebiete erworben, so in Amerika Unterkanada und 
Landstriche am Mississippi, in Asien Teile von Ostindien. Es hat sie indes fast alle 
noch im gleichen Jahrhundert im Kampse mit England eingebüßt. 
Die zweite Kolonialperiode Frankreichs beginnt mit der Eroberung Alschiers^ seit 
1830. Es hat seither sast den ganzen Nordwesten Afrikas an fich gebracht. Ins- 
besondere find Algerien und Tunis unter der französischen Verwaltung Länder mit 
blühendem Wohlstande geworden; zudem bilden sie durch ihre Lage eine zweifellose 
Stärkung der französischen Machtstellung im Mittelmeer. — Das zweite Kolonial- 
Hauptgebiet Frankreichs ist Französisch-Hinterindien, ein Reich von der doppelten 
Größe Preußens mit 18 Mill. Einw.; dazu kommt die große Insel Madagaskar. Der 
gesamte Kolonialbesitz Frankreichs ist etwa 20 mal so groß wie das Mutterland^und über- 
trifft dieses auch bedeutend in seiner Bevölkerungszahl; es zählt 50 Will. Einwohner.
	        
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