Full text: Erdkunde für höhere Schulen

24 Europa. 
Hochbelgien. Den s. und sö. Teil Belgiens bedecken die Ardennen. Sie 
haben die Natur des Rheinischen Schiefergebirges und werden von Maas und 
Sambre (sängbr) in enggewnndenen, dem Rhein- und Moseltal ähnlichen Tälern 
durchbrochen. Der höhere Teil der Ardennen ist rauh und wenig fruchtbar, und 
in ihren Wäldern hausen noch vereinzelt der Wolf und das Wildschwein. Die Be- 
völkernngsdichte ist deshalb auf dem Plateau gering. Um so reicher aber entfaltet 
sich das Leben am Nordrande des Gebirges, im Maas- und Sambretal. Hier 
hat die Natur die reichsten Mineralschätze niedergelegt, besonders Eisen und Stein- 
kohlen, deren Verwertung vor allem dazu beitrug, daß 
das kleine Belgien ein Industriestaat 
ersten Ranges 
wurde. Namentlich ragen Maschinenbau, Metallindustrie und Spiegel- 
glassabrikation hervor. Die Hauptorte im Jndustriebezirke des Sambre- und 
Maastafes sind: Nainur (rtctmür) und Lüttich an der Maas, dieses (1700U0 Einw.) 
mit Waffen-, jenes mit Stahlfabriken. Östlich von Lüttich Verviers (werime) 
mit Tuchfabrikation. 
Niederbelgien. Die Niederbelgische Ebene wird von der breiten und Wasser- 
reichen Schelde durchzogen. — Der Boden ist, zumal iu der Ebene ein mildes 
ozeanisches Klima herrscht, außerordentlich fruchtbar und wird auch von den Be- 
wohnern als Acker- und Gartenland reichlich ausgenutzt. Flandern namentlich, 
das Gebiet westlich der Schelde, ragt durch deu Reichtum und die Menge seiner 
Erzeugnisse an Hopfen, Gerste, Flachs, Zuckerrüben, Rindern und Pferden hervor. 
Daher gilt Niederbelgien mit Recht als ein Musterland der Landwirtschaft. 
Die Kohlen Hochbelgiens gaben auch der GeWerbetätigkeit Niederbelgieus 
mächtigen Aufschwung. So blüht hier eine überaus lebhafte Woll-, Baum- 
woll- und Leinwandindustrie. Die letztere ist geradezu unerreicht. 
Der reiche Bodenertrag und die äußerst rege GeWerbetätigkeit haben ferner 
einen blühenden Handel zur Folge. Letzterer wird insbesondere unterstützt durch 
die Nachbarschaft dreier Großstaaten und durch das überaus dichte Netz von 
Straßen, Kanälen und Eisenbahnen. Das Eisenbahnnetz Belgiens ist geradezu 
das dichteste aller Länder Europas. 
Ans all dem erklärt sich, daß in der Ebene eine zahlreiche Bevölkerung ihren 
Unterhalt findet. Belgien hat überhaupt nach dem Königreich Sachsen (300 Einw. 
aus 1 qkm) die dichteste Bevölkerung in Europa (243 Einw. auf 1 qkm). 
Siegelungen. An bedeutenderen Wohn platzen gehören der Ebene an: 
Brüssel, mit Vororten 600000 Einw., in der Mitte des Landes gelegen, Hauptstadt 
des Königreiches, durch fein reges Leben, seine herrlichen Bauwerke und seine prächtigen 
Anlagen zugleich eine der glänzendsten Städte Europas, daher auch „Klein-Paris" 
genannt. Auch als ein Hauptsitz der Mode-Jndustrie (Spitzensabrikation) erinnert es 
an die französische Hauptstadt. — An der Schelde Gent, der Hauptsitz der Webe- 
industrie, 160000 Einw, und Antwerpen, 300000 Einw., die wichtigste Hafen- 
und Handelsstadt, nach Hamburg der erste Seeplatz des Kontinents. An der Küste 
Ost ende, ein vielbesuchtes Seebad. 
Bevölkerung. Sie gliedert sich in die an Zahl überwiegenden nieder- 
deutschen Flamen (Rheinfranken), nördlich vom Parallel von Brüssel, und die
	        
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