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Gelände die ihm angebotene Schlacht an; die furchtbare Niederlage von
Cannä (216) war die Folge. Nur ein kleiner Rest des römischen Heeres 216
konnte sich retten; der Konsul Paulus fiel mit mehr als siebzigtausend Mann;
die goldenen Ringe, die man den gefallenen Senatoren und Rittern abnahm,
füllten mehrere Schefsel — sie wurden als Siegesbeute nach Karthago
gebracht. Hannibal selbst, der den Sieg hauptsächlich seiner Reiterei ver¬
dankte, hatte verhältnismäßig geringe Verluste. Zum Glück für Rom konnte
er sich nicht entschließen, die geschlagenen Feinde hitzig zu verfolgen und die
Stadt Rom selbst anzugreisen. Sein oberster Retterführer rief ihm deshalb
tadelnd zu: „Zu siegen verstehst du, Hannibal, aber deinen Sieg zu benutzen
verstehst du nicht." Aber woraus er schon lange wartete, trat nun ein: der
Abfall der Bundesgenossen Roms; Cäpna, Tarent uud das sizilische
Syraküs traten aus seine Seite; in Capna überwinterte er.
In der furchtbaren Not und Bedrängnis, die über Rom gekommen
war, zeigte sich die ganze Charaktergröße und Vaterlandsliebe der Römer.
Der Senat verlor keinen Augenblick die Besonnenheit; neue Aushebungen
wurden ausgenommen und selbst Sklaven ins Heer eingereiht; dagegen
verweigerte man den Lvskaus der bei Cannä gefangenen Krieger und lehnte
jede Unterhandlung mit Hannibal ab; der bisherige Zwist unter deu Bürgern
wich dem einmütigen Wunsche, für des Vaterlands Rettung einzutreten;
als der geschlagene Konsul Varro in die Stadt zurückkehrte, ging ihm der
Senat bis aus Tor entgegen und dankte ihm, daß er nicht an der Zukunft
des Staates verzweifelt habe. Den Oberbefehl aber übernahm der kriegs¬
erfahrene Claudius Marcellus, der zunächst den Krieg zum Stehen brachte,
indem er zwar nie unbesonnenerweise ein Treffen annahm, aber doch auch
eine günstige Gelegenheit, einen kleinen Ersolg davonzutragen, nicht ver¬
schmähte. Seine Verdienste wurden durch den Ehrennamen „Roms Schwert"
anerkannt.
Bald ging Rom wieder zum Angriff über, und Marcellus über¬
nahm die Rückeroberung von Syrakus; erst uach mehrjähriger Belagerung
mit wechselvollen Ereignissen ward die feste Stadt erobert und ausgeplündert.
Dabei verlor der gelehrte Mathematiker Archimedes sein Leben, der durch
sinnreich ersnndene Kriegsmaschinen den Römern viel Schaden gebracht
hatte. Eben war er mit Berechnuugen beschäftigt und hatte dazu geometrische
Figuren in den Sand gezeichnet, da stürmte ein Krieger mit gezücktem Schwert
herein. „Zertritt mir meine Kreise nicht!" ries er ihm unwillig zu und
ward sofort niedergestochen. Auch Capua und Tarent mußten sich schließlich
ergeben und wurden furchtbar bestraft. Hannibal konnte sie nicht retten,
da ihm von Karthago aus nicht die nötige, oft erbetene Unterstützung ge¬
schickt worden war. Einmal nur hatte er versucht, Capua zu retten, indem
er gerade auf die Hauptstadt vorging und bis an deren Mauern hinanritt;
damals erscholl in Rom der Schreckensrus: „Hannibal vor den Toren!"
Aber zu einer Belagerung reichten seine Kräfte nicht aus, und so mußte er