fullscreen: Klasse 7 (viertes Schuljahr) (Teil 3, [Schülerband])

2 
ausgedehnt, alles Leben unter sich begrabend und vernichtend, hatte 
sich immer weiter verbreitet, ganz Nordostdeutschland und so auch unser 
Land bedeckt, und noch weiter südlich hatte es sich vorgeschoben. Da 
nahm die Sonne den Kamps gegen das Eis auf^ Aber nur ungern 
ließ es sich aufhalten, und nur widerstrebend wich es zurück, immer 
wieder drang es vor, und wenn es durch einen besonders heftigen Angriff 
bis auf eine Linie zurückgedrängt war, dann blieb es hier lange stehen 
und suchte den Platz zu behaupten, bis wieder ein kräftiger Vorstoß 
der Sonne kam und es nun doch zum weiteren Zurückweichen zwang. 
Überall aber, wo so ein hartnäckiger, langwieriger Kampf statt¬ 
fand, da floß das schmelzende Wasser in Strömen vom Südrand der 
Eismasse herab und spülte gewaltige Rinnen aus in dem Lande am Fuße 
des Eisgebirges. 
Laßt mal aus einer Gießkanne, der ihr die Tülle abgenommen 
habt, den Wasserstrahl auf weiches Erdreich schießen: ihr seht dann bald, 
es entsteht ein Loch; oder denkt euch, wie im Frühjahr, wenn mal plötzlich 
Wärme eintritt und die Sonne auf den Schnee brennt, der auf schrägen 
Dächern liegt: wie dann das Schneewasser und das Wasser der schmel¬ 
zenden Eiszapfen zur Erde pladdert und unten am Boden eine lange 
Rinne im Erdreich schafft; und nun denkt euch statt dessen die unendlichen 
Wassermassen des geschmolzenen Eises aus mächtiger Höhe in ununter¬ 
brochenem Sturze herabklatschend; was muß das für Rinnen in die 
Erde gerissen haben! Rinnen, in deren Boden all das Wasser natürlich 
nicht einsickern konnte, sondern in denen es rauschend und brausend und 
schäumend, der Senkung der Erde folgend, vorwärts schoß, bis es in 
eine andre, noch größere Rinne kam und schließlich ins Meer. Dabei rissen 
diese gewaltigen Wasserströme ihr Bett natürlich immer breiter und 
tiefer. 
Ihr könnt euch heute noch eine Vorstellung von der Breite und 
Tiefe dieser Ströme machen. Denn auch durch unsern Netzegau floß 
so ein Strom; auch hier hatte das Eisgebirge stillgehalten zu einem letzten, 
verzweifelten Kampf gegen die siegende Macht der Sonne. 
Etwa in der Mitte des damaligen Strombettes fließt heute recht 
zahm und still die Netze hin; die Höhen der Berge südlich und nördlich 
der Netze waren die Ufer des mächtigen Stromes, alles Land dazwischen 
war von seinen tosenden Wogen bedeckt. Das Eis aber zog sich weiter 
zurück, nach Norden, über die Ostsee, nach Skandinavien hinüber, woher 
es gekommen war.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.