80 Marshall-Jnseln.
alle die schmalen Jnselkränze, um deren steilen Außenrand ein weißer
Brandungssaum schäumt, während ihre Mitte eine stille Lagunenfläche füllt,
nehmen kein größeres Areal ein, als 41«) qkm. Sie ordnen sich in zwei
Reihen: die westlichere Ralick-Grnppe (277 qkm) mit 18, die östlichere
Ratack-Gruppe (133 qkm) mit 15 Lagunen-Inseln (Atollen). Beide um-
schließen vollkommene Typen der Mannigsaltigkeit der Größen- und Form-
Entwickeluug, deren diese Ringe von Riffen sähig sind. Nur ausnahmsweise
nähern sie sich der Kreisform, nieist sind sie langgestreckt in der Richtung
des Streichens der ganzen Jnselreihen. Kwadjelin (Mentschikow-Jnsel) ist
120 km lang, während andere nur wenige Kilometer Durchmesser haben.
Fast alle Riffkräuze bestätigen in einseitiger Höhenentwickelung das von
Reinhold uud Georg Forster erkannte und für den Wert der Laguueuinseln
als Häsen bedeutungsvolle Bilduugsgesetz, daß die dem herrschenden Winde
— hier dem Nordostpassat — zugekehrte Seite eines Ringes von Korallen-
bildnngen am meisten über den Meeresspiegel erhöht und an: geeignetsten
für die Aufnahme des Pflanzenlebens zu sein pflegt, hingegen die anderen
Seiten teils vollkommen von der Brandung überwallt, teils von breiten
Einfahrten zerstückelt sind. Gerade die schmalen Rissbänder der Marshall-
Inseln umschließen viele vortreffliche Häfen. Dieser Umstand lenkte auch
aus sie zuerst die Ausmerksamkeit der deutscheu Marine. Im November 1878
kam hierher S. M. Sch. „Ariabne", um den Hasen von Djaluit als Kohlen-
station für Deutschland zu sichern und mit dem Häuptling der Insel einen
Frenndschastsvertrag abzuschließen, und bei der Abgrenzung der Interessen-
sphären im Jahre 1885 fiel der deutscheu dieser Archipel zu samt der zwischen
ihm uud der Salomon-Gruppe gelegenen Insel Nauru, welche die höchste
Erhebung (70 m) dieses ganzen Meeres voll niedriger Korallen-Jnseln dar-
stellt. Schon im Oktober dieses Jahres erkannten die Häuptlinge des Mar-
shall-Archipels, 1888 auch die Insel Nauru die deutsche Schutzherrschaft an.
Es war das beste Los, das ihnen zufallen konnte.
Die Koralleninseln des Großen Ozeans werden für die Kulturgeographie
immer besonders anziehend uud lehrreich bleiben, weil sie trotz der beschränk-
testen Lebensbedingungen der Sitz einer selbständigen Kulturentwickelung ge-
worden sind, die einen Znstand bescheidenen stillen Glückes ihren Trägern
zn bereiten vermochte, würdig in der liebevollen Schilderung eines Chamisso
ein bleibendes Denkmal zu finden, ehe der scharfe Hauch europäischer Ein-
Wirkung verändernd darüber hinging. Aus einem Boden, der immer nur
ein und dasselbe wenig fruchtbare Gestein, nirgends Vorräte süßen Wassers,
nur eine geringe Zahl von Pflanzenarten, zum Glück darunter ein paar
wertvolle darbot, sind hellbraune Menschen, die Windes Laune hierher ver-
schlagen, heimisch geworden, ein Schlag, mehr geschickt als kräftig, mehr
sinnig erfinderisch als energisch regsam, und haben mit dem wenigen, was
die Natur ihnen gegönnt, sich nicht nur notdürftig, sondern menschenwürdig
eingerichtet. Das dankten sie- zumeist der Kokospalme. Sie gab ihnen das
meiste, was der Mensch in dem milden Klima der Tropenmeere bedarf,
leichte Nahrung, lockere Kleidung, kühles Obdach. Das Fafergewebe der