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Fünfter Abschnitt.
§ 116. Der Deutsche Jura und die Schwäbisch-Frän-
tischen Stufenlandschaften.
Der Deutsche Jura behält zunächst die Richtung des Schweizer Jura
bei; weiterhin verläuft er bogenförmig nach N. Er ist ein ausgeprägtes
Plateaugebirge mit sanfter Neigung gegen 8. und 0., Steilabfall nach N.
und W. In seiner ganzen Ausdehnung wird er von den gleichen Gesteins-
schichten aufgebaut, nämlich von Gesteinen der Jura-Formation,*) und
zwar vorzugsweise Kalk und Dolomit. Er zerfällt in zwei Abschnitte, den
Schwäbischen und Fränkischen Jura, zwischen denen der Rieskessel
und die Wörnitz eine scharfe natürliche Grenze bilden.
Der Schwäbische Jura oder die Schwäbische Alb (wie das Gebirge
im Volksmunde ausschließlich genannt wird), ist in seinem südlichsten Teil
innig mit dem Schwarzwald verwachsen. Erst nördlich des engen Durch-
bruchtals der Donau hebt er sich von diesem schärfer ab. Er nimmt
von SW. nach NO. an Höhe ab. Gegen die Donau senkt er sich so sanft,
daß er von hier aus gar nicht als Gebirge erscheint. Dagegen fällt er zum
Neckar sehr steil in mehreren Stufen ab. Tiefe Täler schneiden in den Steil-
rand ein und eine Reihe einzelner schroff abfallender Berge, die meist mit
Burgen gekrönt sind (Hohenzollern, Achalm, Neuffen, Hohen-
staufen), sind ihm vorgelagert. (Abb. 78.) Der südlichste Abschnitt ist über-
Haupt durch Bachuiederungeu in einzelne Berginseln aufgelöst. Hier die
höchsten Erhebungen des Gebirges der Lemberg, 1915 m und der
Hohenberg, 1010 m. Dann folgt der längste und geschlossenste Teil des
Gebirges, die Rauhe Alb bis zur Geisliuger Steige, nordwestlich von
dieser Albbruch und Härtfeld.
Die Hochfläche der Rauhen Alb ist wasserarm, steinig und unfruchtbar, daher
dünn bevölkert und ohne größere Ortschaften. Zwar fehlt es ihr an nicht Niederschlägen,
aber das Wasser sickert rasch in den porösen Kalkstein ein und tritt erst in der Tiefe
in starken Quellen wieder hervor. Auch an brauchbaren Übergängen über das Gebirge
fehlt es fast ganz. Die einzige Straße von Bedeutung ist die Geislinger Steige, die
von Ulm zum Neckartal führt. Sie wird jetzt von einer Eisenbahn überschritten, die nach
8. weiter zum Bodensee geht und so die Hptst. Württembergs mit dem südlichen Teil des
Königreichs verbindet. Das Ries wurde in tertiärer Zeit von einem mächtigen
Vulkan eingenommen, der dann in sich selbst zusammenbrach, sodaß sich eine kesselförmige
Einsenkung bildete, die von einem See erfüllt war. Nachdem sich die Wörnitz zur Donau
durchgenagt hatte, wurde das Ries trocken gelegt und in eine fruchtbare Ebene ver-
wandelt. Bei der Paßarmut des Jura ist diese tiefe Senke von besonderer Bedeutung
für den Verkehr. Durch sie führte im Mittelalter die Handelsstraße zwischen Augsburg
und Nürnberg, jetzt eine wichtige Eisenbahnlinie. Hierauf beruht die Bedeutung der
alten freien Reichsstadt Nördlingen (Reg.-Bez. Schwaben). Auch militärisch ist der
Übergang von Wichtigkeit; daher in der Nähe zahlreiche Schlachtfelder (Nördlingen 1634,
Höchstedt 1704).
Nordöstlich von Ries und Wörnitz beginnt der Fränkische Jura, der
im Bogen nach N. zum Main verläuft. Er gleicht im Charakter durchaus
dem Schwäbischen Jura.
*) Die Jura-Formation ist nach dem Schweizer Jura benannt, der ebenfalls
fast ganz aus ihr aufgebaut ist. Wegen der Übereinstimmungen der geologischen
Zusammensetzung hat dann im Anfang des 19. Jahr, der berühmte Geologe L. v. Buch
den Namen Deutscher Jura für das jetzt so genannte Gebirge eingeführt, für das bis
dahin ein gemeinsamer Name fehlte.