§ H46. Die einzelnen Landschaften des Osteuropäischen Tieflandes. Der Ural. 241
nische Stämme: Wolga-Finnen, Esten, Samojeden. 2. Tür¬
kische Stämme: Tataren, Kirgisen, Baschkiren. 3. Kalmüken.
Sehr zahlreich auch die Juden (meist Händler und Gewerbetreibende).
Das Russische Reich umfaßt 22V2 Mill. qkm mit 160 Mill. Einw., ist also nächst
dem Britischen Kolonialreich das größte Reich der Erde und wird auch an Einwohner-
zahl nur von diesem und dem Chinesischen Reich übertroffen. Auf das europäische
Rußland (außer Finnland) kommen 5 Mill. qkm mit 117 Mill. Einw., 20 auf
1 qkm, darunter 90 Mill. Russen. Von den Konfessionen überwiegt die griechisch-
katholische durchaus, da sich zu ihr sämtliche Russen, die Wallachen und Ost-Finnen
bekennen. Die Polen und Litauer sind römisch-katholisch, die Deutschen, Letten, Esten
evangelisch, die türkisch-tatarischen Stämme Mohammedaner, die Kalmüken Buddhisten.
Rußland ist seit kurzem konstitutionelle Monarchie. Der Kaiser (Zar) ist zugleich
geistliches Oberhaupt seiner griechisch-katholischen Untertanen.
Eingeteilt wird das europäische Rußland in 60 Gouvernements, die sich auf
folgende Landschaften verteilen: Großrußland, Kleinrußland (Ukraine), West-
Rußland, Ostsee-Provinzen, Polen, Süd-Rußland mit Bessarabien,
Kasan, Astrachan.
Ackerbau bildet die vorwiegende Beschäftigung der Bevölkerung und die eigent-
liche Grundlage des russischen Staates. Getreide wird in den meisten Jahren weit über
den Bedarf produziert und in großer Menge nach Deutschland und England ausgeführt.
Sonstige Gegenstände der Ausfuhr sind Flachs, Hanf, Pelz- und Lederwaren. Die
Industrie Rußlands ist noch wenig entwickelt, und die meisten Fabrikerzeugnisse werden
aus Deutschland, Osterreich und England eingeführt. Dagegen ist der Bergbau von
Bedeutung, namentlich am Ural. In den Steppengebieten tritt natürlich die Viehzucht
ganz in den Vordergrund und bildet streckenweise fast die einzige Beschäftigung der
Bewohner.
Sehr darnieder liegt in Rußland die Volksbildung. Kaum der zehnte Teil der
Bevölkerung kann lesen und schreiben. Ein gebildeter Mittelstand fehlt fast gänzlich.
Nur in den vorwiegend von Deutschen bewohnten oder unter deutschemEinfluß stehenden
Gebieten ist eine größere allgemeine Bildung anzutreffen.
§ 146. Die einzelnen Landschaften des Osteuropa-
i s ch e n Tieflandes. Der Ural.
1. Nord-Rußland zerfällt in zwei natürliche Abschnitte, das arktische
Gebiet und die Ostsee-Provinzen, zwischen denen das Gebiet der
großen Seen das Bindeglied bildet. Ersteres umsaßt das Flußgebiet der
Petschora und Dwina, sowie die unbewohnten Inseln Waigatsch und
Nowaja Semlja. DiePetfchora (Mb. 117) entspringt am nördlichen Ural
und strömt in vielfach gewundenem Lauf zum Eismeer. Die Dwina wird aus
zwei Quellflüssen, die einander entgegenströmen, gebildet und fließt senk-
recht zur Richtung ihrer Qnellslüsse dem Weißen Meer zu. Aus dem Onega-
See führt der schiffbare Swir zu dem größeren und sehr tiefen Lüdoga-See,
dem größten Binnensee Europas (18 000 qkm). Die kurze, aber sehr breite
und tiefe, daher selbst für große Schiffe fahrbare Newa führt die Gewässer
des Seen-Gebiets dem Finnischen Busen zu.
Das ganze arktische Gebiet, teils von Tundren, teils von dichten Wäldern und
Sümpfen bedeckt, ist außerordentlich dünn bevölkert (kaum 1 Einw. auf 1 qkm). Die
Tundren sind überhaupt nicht dauernd bewohnt, sondern werden nur während des
Sommers von samojedischen Nomaden mit ihren Renntierheerden besucht. Archangel
an der Mündung der Dwina in das Weiße Meer, bis zur Zeit Peters des Großen die
einzige Hafenstadt des Russischen Reichs, jetzt wesentlich als Ausfuhrhafen von Holz
von Bedeutung.
Die Ostfee-Provinzen und Litauen werden durch den tief einschneiden-
den Rigaschen Meerbusen und die in diesen mündende Düna in
L a n g e n b e ck, Leitfaden. II. Aufl. AuSzabe f. Gymnasien, 16