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ließen. Mit den Holländern fallen die Zeeuws vom Katholicismus und
von der spanischen Herrschaft ab, so wie sie mit ihnen dem König Wilhelm
treu bleiben. Mit den Wallonen hingegen bleiben die Flamänder bei
Spanien und Rom, so wie sie sich mit ihnen vom König Wilhelm in
neuester Zeit trennten.
Aber war das Zusammenhalten aller Insulaner des Rhein-, Maas-
und Schelde-Archipels vom Vorgebirge De Helder im Norden bis nach
Kadzand im Süden natürlich, so war es doch auch wieder eben so natür¬
lich, daß die flamändischen Schelde-Anwohner einen Theil dieses Archi¬
pels, der hauptsächlich als das Zubehör oder Product ihrer kleinen Schelde
betrachtet werden konnte, für sich in Anspruch zu nehmen trachteten, und
aus dieser Verschmelzung und Verwirrung derNaturver-
hältnisse entstanden denn auch zu allen Zeiten politische Wirren
und Reibungen. Wie Napoleon, wie Joseph II. im Namen Belgiens
die Freiheit und Oeffnung der Scheldemündung verlangten, sogar auch
Seeland als ein natürliches und daher auch politisches Zubehör von Flam-
land erklärten: so hatten schon vor ihnen die Herzöge von Burgund und
die Grasen von Flandern Aehnliches gethan. Daher denn die vielen Kriege
und Streitigkeiten, welche zwischen den Römern und Batavern, den Gra¬
sen von Flandern und denen von Seeland und Holland, zwischen den
spanischen und österreichischen Beherrschern von Belgien und der Republik
der sieben Staaten um den Besitz der seeländischen Inseln und um die
Oeffnung der Schelde geführt wurden.
Die großen Wasserstraßen und Eisenbahnen von der holländischen
Städtegruppe (Amsterdam, Rotterdam, Leyden) streben der Hauptsache nach
von Westen nach Osten nach Deutschland zu. In eben der Richtung und
mit ihnen parallel gehen die großen Bahnen der belgischen Städtegruppe
(Brügge, Antwerpen, Gent, Brüssel). Sie ziehen auch nach Osten land¬
einwärts. Beide Gruppen mit einander verbindende Bahnen, die von
Norden nach Süden gingen, giebt es noch nicht. Es erklärt sich dies sehr
natürlich aus der rivalisirenden Thätigkeit der Schelde- und der Rhein¬
mündungslande, welche beide die eine Hand der See, die andere dem
Binnenlande reichen, unter einander aber nicht so großen Austausch und
Verkehr pflegen. Es sind hier ähnliche Verhältnisse wie zwischen der
Weser- und Elbmündung, zwischen Bremen und Hamburg, die auf diese
Weise mit einander rivalisiren, und daher mit dem Binnenlande längst
durch flüssige Eisenbahnen verknüpft sind, während von einer Nachbarstadt
zur andern noch schlechte Pflasterstraßen nach uraltem Schnitt führen.
Der hauptsächlichsteVerbindungsweg zwischen dem flamändischen Süden
und dem holländischen Norden ist die Schifffahrt auf den Schelde- und
Maasarmen zwischen den seeländischen Inseln hindurch. Und zwar geht
der belebteste aller Verbindungswege zwischen Süd - und Nord - Nieder¬
land die Schelde hinab, dann durch die Oster-Schelde weiter im Osten
der Insel Schouwen vorbei, in den Maasarm, der das Volke-Rack heißt,