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Wir finden die Damen in dem glänzenden Schlafzimmer. Vor Allem 
prunkt das große Bett. Die Kissen, die Decken sind mit Spitzen und 
feiner Näharbeit verziert, in zierlichen Falten schwebt die weiße mousse- 
linene, mit grüner Seide gefütterte Draperie vom thronartigen Baldachin 
herab, so daß man die schönen Säulen von Mahagony- oder anderm noch 
kostbareren Holze kaum erblickt. Das Neglige der Damen ist über und 
über mit den theuersten Spitzen geschmückt und gekräuselt; Alles ist sein 
und erlesen, Alles zeigt Reichthum. 
Den Hauptgegenstand des Gesprächs gewährt die aus einem Seiten- 
lisch ausgestellte Garderobe des neuen Ankömmlings. Er selbst ist nicht 
sichtbar, sondern in der Kinderstube mit seiner Amme, denn das Selbst¬ 
stillen der vornehmeren Mütter ist in England nicht so allgemein wie in 
Deutschland. 
Es giebt hier bedeutende Läden, wo nichts Anderes verkauft wird, 
als Kinderzeug, und zwar zu sehr hohen Preisen. Alle Maaren dieser 
Läden prunken dann in dem Wohnzimmer verschwenderisch ausgehäuft. 
Selbst ein großes Nadelkissen in der Mitte ist nicht zu vergessen, aus 
welchem man mit Stecknadeln von allen Größen Muster steckt, die einer 
schönen reichen Silberstickerei gleichen. Wahrscheinlich werden diese Dinge 
selten oder nie gebraucht, denn sie sind ihrer Natur nach zu zart und ver¬ 
gänglich, sie dienen nur zum Prunk. 
Sind wir mit dem Besehen und Bewundern endlich fertig, so wan¬ 
dern wir weiter a shopping, d. h. wir kehren in zwanzig ^äden ein, lassen 
uns tausend Dinge zeigen, an welchen uns nichts liegt, kehren das Unterste 
zu oberst, und gehen vielleicht am Ende davon, ohne Etwas gekauft zu 
haben. Die Geduld, mit der die Kaufleute sich dieses Unwesen gefallen 
lassen, kann nicht genug bewundert werden; Keinem fällt es ein, nur eine 
verdrießliche Miene darüber zu zeigen. Sehr vornehme Damen fahren 
a shopping. Ohne sich aus dem Wagen zu bemühen, lassen sie sich den 
halben Laden in die Kutsche bringen, zur großen Beschwerde der Kaufleute 
sowohl als der Vorübergehenden auf dem Trottoir. Man erzählt, daß 
ein Trupp Matrosen, dem eine solche mit offenem Schlage dastehende 
Equipage den Weg versperrte, ohne Umstände einer nach dem andern 
hindurch spazierte, indem sie der darin sitzenden Dame höflich guten 
Morgen boten. 
Die mannigfaltigen Ausstellungen von Kunstwerken sowohl als von 
Naturseltenheiten bieten uns angenehme Ruhepunkte, wenn wir es endlich 
müde lind, die Kaufleute in Bewegung zu setzen. Wir gedenken ihrer 
hier, insofern die Mode sie begünstigt, welche stets eine oder zwei davon 
ihres besonderen Schutzes würdigt, wo man dann sicher sein kann, immer 
elegante Gesellschaft zu finden. 
Die Promenade im St. James-Park könnte auch eine Abwechselung 
gewähren, doch wird sie im Ganzen wenig besucht, so reizend sie auch ist. 
Zwar fehlt es nie an Spaziergängern darin, aber nur bei sehr seltenen
	        
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