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Herrn nicht nur ein Ruhetag, sondern auch ein Tag der Freude, dem ge¬ 
selligen Vergnügen und vor Allem den Familienzusammenkünften geweiht. 
Wenige giebt es, die nicht diesem Tage, so oft er erscheint, mit irgend 
einer frohen Hoffnung entgegensehen, und wäre es nur die, einmal in's 
Schauspiel zu gehen, nachdem man die ganze Woche alle Abende bei der 
Arbeit war. 
Ganz anders ist's in London. Musik und Tanz sind hoch verpönt, 
an's Theater ist gar nicht zu denken erlaubt; alle Läden, alle Ausstellungen 
sind dicht verschlossen. Die fanatische Pedanterie, mit der man hier für 
die Heilighaltung des Sabbaths wacht, übertriffl noch die der Juden, 
welche doch nur die Arbeit untersagen, aber das Vergnügen erlauben. 
Einige der vornehmsten Familien des Reichs wurden vor Kurzem fast 
namentlich in den Kirchen als Sabbathschänder und schreckliche Sünder 
abgekanzelt und in allen öffentlichen Blättern mit Schmähreden überhäuft, 
weil sie Sonntags unter sich Liebhaberconcerte gaben, und weil es bis¬ 
weilen vorkam, daß die Gesellschaften, welche sie Sonnabends bei sich ver¬ 
sammelten, bis nach Mitternacht bei Tanz und Kartenspiel verweilten, und 
dadurch den Tag des Herrn entheiligten, ehe er noch recht erschienen war. 
„Ist's wirklich wahr, daß man in Deutschland am Sonntage Karten 
spielt?" hörten wir eine Dame fragen. „Keinen Tag lieber, als Sonn¬ 
tags, wo man doch Nichts zu thun hat!" war die Antwort. „Good Lord!" 
seufzte die zweite Dame; „aber," setzte sie belehrend hinzu, „man kann's 
ihnen nicht verdenken, sie werden nicht besser gelehrt," und dabei blickte 
sie mitleidig auf uns Heiden. „Aber sie spielen doch nicht um Geld?" 
fragte eine dritte. „Freilich um Geld, um viel Geld!" Alle fuhren schau¬ 
dernd zurück. „God bless us all!“ (Gott segne uns Alle!) sagte die 
vierte; „ich habe nur ein Mal Sonntags, und um gar Nichts, Karten 
gespielt, und ich kann mir's noch heute nicht vergeben." Alle vier hatten 
vorher bitterlich über den Sonntag geseufzt, der ihnen nicht erlaubte, einen 
Robber zu machen; man war auf dem Lande, bei abscheulichem Wetter, 
und hatte die schrecklichste Langeweile, während die Herren bei der Flasche 
wie angemauert blieben. 
Der echte Engländer theilt den Tag zwischen öffentlichem Gottesdienst, 
häuslicher Betstunde und der Flasche; seine Frau bringt die Zeit, welche 
ihr die Andacht übrig läßt, mit irgend einer Frau Gevatterin zu, und 
läßt den lieben Nächsten eine scharfe Revue passiren, denn das ist Sonn¬ 
tags erlaubt. Die Kinder sind gar übel daran, seitdem man eigene 
Schulen für die Sonntagsabende errichtet hat, in welche sie processions- 
weise getrieben werden, nachdem sie den Tag über zweimal in der Kirche 
und einmal zu Hause die sinn- und geistlose Liturgie des englischen Gottes¬ 
dienstes haben herbeten müssen. 
Aber wie noch erbärmlicher geht's dem des Zwangs ungewohnten 
Fremden! Du öffnest das Clavier, die Wirthin knickst in's Zimmer herein 
und bittet, den Tag des Herrn nicht zu vergessen. Du ergreifst ein Buch,
	        
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