10
C. Die Rhein- und Mainebene.
§ 18—19
Erdgeschichtliche Erklärung. Die Rhein- und Mainebene ist ein „Graben" im
Sinne der Geologie, d. h. feste Gesteinsschichten sind einst ringsum abgebrochen und
in die Tiefe versunken (als Nachklang werden Erdbeben aufgefaßt, wie sie öfter
um Groß-Gerau beobachtet worden sind). Die entstandene Einsendung füllte sich mit
Wasser, das dann Zand und Schlamm absetzte, zum Teil auch wieder fortführte, wie
die an den Rändern, besonders an der Bergstraße erhaltenen „Terrassen" zeigen, und
sich wieder verlief. In einer späteren, trockneren Zeit wehte der Wind den losen Sand
als „Flugsand" an einzelnen Stellen zusammen und häufte ihn zu Dünen auf; anders¬
wo lagerte er staubfeine Teilchen als „Löß" ab, der sich vielfach durch Tätigkeit des
Wassers in fruchtbaren Lehm verwandelte. Auch alle die trockengelegte Ebene durch-
ziehenden Flüsse lagerten und lagern jetzt noch Schlamm („Schlick") und Sand, Kies
und gröbere Gesteinsteile („Schotter") ab- vielfach haben sie ihr Bett geändert, wor-
auf das alte Bett „verlandete", d. h. sich mit Sumpfgewächsen füllte, aus denen schließ-
lich Torf entstand. Nur bei Klein-Steinheim findet sich auch ein Eruptivgestein: Basalt.
§ 18. Bewässerung. In der Rhein- und Mainebene fällt wenig Regen
und Schnee, da die feuchten Winde von den umliegenden Gebirgen gleichsam
abgefangen werden. Deshalb entspringen in diesem Gebiete nur vereinzelte
Quellen, die zudem im Sommer meist versiegen. Dafür wird es bewässert
von zwei fernher kommenden großen Flüssen, dem Rhein und dem Main, und
ihren zahlreichen Nebenflüßchen, die im Odenwald entspringen.
Der Rhein, der auf dem langen Wege von seinen Quellen im Hoch-
gebirge der Alpen schon viele Zuflüsse aufgenommen hat, ist beim Eintritt
in das hessische Gebiet oberhalb Worms schon ein stattlicher Strom von etwa
300 m Breite und mehreren Metern Tiefe. Da die Ebene nach W geneigt
ist (Ostrand mehr als 100 m, Westrand 82 — 88 m überm Meer), fließt er nahe
ihrem Westrand entlang, und zwar wegen des schwachen Gefälles in vielen
Krümmungen, von denen die größte oberhalb Oppenheim durch einen künst-
lichen Durchstich abgekürzt wird. Damit nicht bei Hochwasser weite Flächen
der Ebene überschwemmt werden, sind entlang seinen Ufern Dämme errichtet.
Auch seine Zuflüsse aus dem Odenwald und dessen Vorhöhen, die Weschnitz,
der Winkelbach (im Oberlauf Lauter genannt), die Modau und der Schwarz-
bach, sind zum größten Teil eingedämmt. Die drei letzten waren zudem durch den
im 16. Jahrhundert angelegten Landgraben verbunden, um die Ebene zu
entwässern- neuerdings ist der Wasserlauf geändert und der Graben strecken-
weise trocken. Die Ebene war infolge des VersinKens dieser Bäche früher
sumpfig und ist es zum Teil noch? daher hat sie den Namen „Ried", d. h. Sumpf.
Der Main, der die Mainebene nahe dem Ost- und Nordrand im Bogen
umfließt, und seine Zuflüsse in der Ebene, Gersprenz, Rodau und Bieber,
haben dagegen meist tiefer eingeschnittene Betten und sind daher nicht eingedämmt.
§ 19. Klima, Bodenbeschaffenheit und Bodennutzung. Die geschützte
Lage der Ebene verschafft ihr ein sehr mildes Klima, in dem der Frühling
am ersten in ganz Deutschland seinen Einzug hält.
Wo der Boden fruchtbar ist, sind darum Ackerbau und Obstzucht sehr
ergiebig, z. B. in der südlichen Mainebene längs der Gersprenz sowie im
mittleren Ried- an den Rändern, wo die Abhänge des Odenwalds und des
Rheinhessischen Hügellandes besonderen Schutz gewähren und die Wirkung der
Sonnenstrahlen verstärken, wächst trefflicher Wein und neben anderem Obst
auch Mandeln, Pfirsiche und Aprikosen. Im südlichen Teil der Hessischen
Rheinebene wird Tabak, im nördlichen Gemüse feldmäßig gebaut.