Full text: Erbauliches und Beschauliches (Teil 1, [Schülerbd.])

77. Die drei Blicke. — 78. Zufriedenheil. 
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und wenn es ihm wieder einmal schwer fallen wollte, daß so 
viele Lentc in der Welt so reich seien nnd er so arm, so dachte 
er nur an den Herrn Kannitverstan, an sein großes Haus, an 
sein reiches Schiss nnd an sein enges Grab. 
77. Die drei Blicke. 
Ein frommer Mann wurde einst gefragt, woher es komme, 
daß er trotz aller Drangsale des Lebens einen so großen 
Gleichmut bewahren könne. Er antwortete: „Jeden Morgen, 
che ich an die Geschäfte und unter die Menschen gehe, richte 
ich meine Augen bedachtsam auf drei Dinge: erstens heb' ich 
sie gegen Himmel nnd erinnere mich, daß mein Hauptgeschäft 
und das Ziel meines Lebens und Strebens dort oben sei; 
zweitens senk' ich sie zur Erde nnd bedenke, wie wenig Raum 
ich bedarf, um einst mein Grab darin zu finden; drittens schau' 
ich um mich nnd betrachte die Menge derer, denen es noch 
schlimmer ergeht als mir. Auf diese Art tröste ich mich in 
allem Leide und lebe mit Welt und Menschen zufrieden in Gott." 
78. Zufriederlheit. 
7. Was frag' ich viel nach Geld 
und Gut, 
Wenn ich zufrieden bin! 
Gib Gott mir nur gesundes Blut, 
So hab' ich frohen Sinn 
Und sing' aus dankbaren: Gemiit 
MeinMorgen-u.meinAbendlied. 
2. So mancher schwimmt iin Über¬ 
fluß, 
Hat Hans und Hof und Geld 
Und ist doch immer voll Verdruß 
Und freut sich nicht der Welt. 
Je mehr er hat, je mehr er will; 
Nie schweigen seine Klagen slill. 
3. Da heißt die Welt ein Jammer¬ 
thal 
Und däucht mir doch so schön, 
Hat Freuden ohneMaß undZahl, 
Läßt keinen leer ansgehn. 
Das Käferlein, das Vögclein 
Darf sich ja auch des Maien freun. 
4. Und uns zu Liebe schmücken ja 
Sich Wiese, Berg und Wald, 
Und Vögel singen fern und 
nah, 
Daß alles widerhallt. 
BeiArbeit singt dieLerch' nnszu, 
Die Nachtigall bei süßer Ruh! 
5. Und wenn die goldne Sonn' 
aufgeht 
Und golden wird die Welt; 
Wenn alles in der Blüte steht 
Und Ähren trägt das Feld: 
Dann denk' ich: „Alle diesePracht 
HatGottzumeinerLust gemacht." 
6. Dann preis' ich Gott und lob' 
ich Gott 
Und schweb' in hohem Mut 
Und denk': „Es ist ein lieber Gott, 
Der meint's mit Menschen gnt!" 
Drum willichimmerdankbarscin 
Und mich der Güte Gottes freun.
	        
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