§ 1. Deutschland im allgemeinen.
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fast ganz umschlossene Ostsee setzt dagegen allwinterlich Eis an, ver-
schließt also unsere Häfen, zumal ihre Flachheit und ihr geringer Salz-
gehalt das Gefrieren erleichtert^; das Tauen des Küsteneises entzieht
dann im Frühjahr unseren Ostseeländern viel Warme. Im ganzen
nimmt somit in Deutschland die Temperatur von SW. nach NO. ab:
die Jahresisotherme von 100 zieht durch die Rhein- und Donaugegend,
die von 9° der Elbe entlang, die von 8° die Oder hinauf; nur in
den nordöstlichsten Provinzen Preußens sinkt die Mittelwärme selbst in
Meeresspiegelhöhe noch etwas tiefer, bis gegen 6°.
Der Niederschlag hält die Mitte zwischen der Übersülle west-
europäischer Küsten und der Steppendürre SO.-Europas. Er beträgt
meistens 500 — 600 mm, ist etwas stärker in den Küstenländern der
Nordsee und je höher der Boden sich erhebt; über 1 m steigt er nur
in Gebirgen, namentlich in den Alpen.
Das Psanzenkleid Deutschlands ist durch den Menschen sehr
verändert worden. Die einst den größten Teil des Bodens einnehmen-
den Wälder beschatten jetzt nur noch V4 desselben; dafür ist beinahe
die Hälfte unseres Vaterlandes in Feldflur verwandelt, das übrige
Viertel dient vornehmlich der Viehzucht als Wiese und Weide. Von
unseren Waldungen entfällt nur noch l/3 auf Laubholz, hauptsächlich
auf die Rotbuche, 2/3 auf Nadelholz, hauptsächlich auf die Kiefer (die
ungefähr die Hälfte der deutschen Wälder bildet), demnächst auf die
Fichte2. Eichenwälder haben sich nur noch in der Nheinprovinz und
Westfalen in größerem Umfang erhalten, Rotbuchenwälder vornehmlich
in dem Landstrich vom Odenwald durch Hessen nach Mecklenburg und
Vorpommern (in den Gebirgen geht die Buche höher hinauf als die
Eiche, weil sie die Kälte besser aushält). Wasgau und Schwarzwald
haben noch schöne Edeltannenbestände; sonst aber herrschen auf den
deutschen Gebirgen die Fichten vor, besonders auf den höheren Gebirgs-
stufen; in den Alpen treten dazu die Lärchen. Die Kiefer (nebst den
meist vereinzelten Birken) ist der Baum der Ebenen, besonders der san-
digen, da sie mit ihrer tiefreichenden Wurzel auch in trockener Zeit immer *
noch Bodenfeuchtigkeit erreicht; die meiste Kiefernwaldung finden wir
daher in der weiten Diluvialniederung unseres Nordostens. Am bun-
testen gemischt ist der Auenwald (auf dem Schwemmland unserer Fluß-
ufer und Flußinseln): hier wächst Esche und Rüster (Ulme), Eiche und
Espe, Weide und Erle, aber niemals Rotbuche, Nadelholz oder Birke,
weil diese keine Überschwemmung vertragen. Die Lüneburger Heide 3
1 Stärker salziges Seewasser (wie das der Nordsee) gefriert erst mehrere
Grade unter 0.
2 Die Forstverwaltung bevorzugt naturgemuß die gut verkäuflichen Holzarten,
so besonders die Nadelhölzer, weil sie rasch wachsen und als Bauholz gesucht sind.
Das früher als Brennholz beliebte Buchen- und Eichenholz ist durch die Kohlen-
feuerung verdrängt worden. Dagegen ist das ehemals wenig beachtete Holz der
Zitterpappel (Espe) durch Verwendung zu den Zündhölzchen an Wert gestiegen.
3 Heide heißt ursprünglich Waldland (Heidekraut also Waldkraut).
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