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I. ckuropa.
dem Halbjahrtausend römischer Herrschaft (feit Cäsar) wurden diese Kelten
romanisiert, sodass jetzt die keltische Sprache kaum noch von 1 Mill.
in der m. Bretagne (den Bretonen) geredet wird.^ Vom 5. Jahr-
hundert ab eroberten deutsche Völker das Land, welches zuletzt ganz
den Franken anheimfiel. Um 800 mit Deutschland vereinigt als West-
halste des Reiches Karls d. Gr., trennte es sich bald wieder aus dieser
Gemeinschaft mit dem O. und wurde dann von einem zur Königs-
würde gelangten Adelsgeschlecht der Seinegegend um Paris beherrscht,
deshalb wie letztere Francia oder la France [frangfj] genannt; hieraus
bezieht sich auch unser Ausdruck Frankreich, nicht aber aus die Blut-
Mischung der Franzosen d. h. romanisierten Kelten mit deutschen Franken,
obwohl diese im NO. nicht unterblieben ist. In der zweiten Halste des
Mittelalters wurde Frankreich durch die Eroberungskriege der englischen»
Könige im Fortschritt gehemmt, denen für längere Zeit die reichen«
Ebenen des N. und W. gehörten (Rest dieser Herrschaft ist der noch
gegenwärtige Zubehör der normannischen Inseln zu England). Dann
aber erhob sich Frankreich zu großer Macht: seine Könige schufen feine
straffe staatliche Einheit, wofür das Land durch seine sast ganz zu-»
sammenhängenden Ebenen und seine nach allen Seiten gleich verteilten,
den Binnenverkehr aller Landesteile untereinander fördernden Flüsse sehr
geschickt war. Ludwig XIV. rückte (um 1700) Frankreichs Grenze
über die flandrische Grenzhöhe und bis an das elsassische Rheinuser vor;
die noch viel weiter in deutsche Gebiete eingreifenden Eroberungen
Napoleons I. (um 1800) hatten jedoch keinen Bestand. Der außer-
europäische Besitz wurde hauptsächlich erst in diesem Jahrhundert er-
worben: Alschier, französisches Senegambien, Gabun-Kolonie, Reunion,
Annam und Cochinchina, Neu-Kaledonien, Gesellschafts- und Paumotu-
Inseln, Schutzhoheit über Tunis, Madagaskar, französisches Guayana
und einige der kleinen Antillen. Seit dem Sturz des zweiten Kaiser-
reichs (1870) ist Frankreich eine Republik mit einem Präsidenten an
der Spitze und wird eingeteilt in 86 Verwaltungsbezirke (Departements
[departemangs]), von denen eins der größten, aber zugleich auch eins
der volkärmsten das italienisch redende Korsika bildet.
Die Franzosen sind nächst den Südeuropäern die am längsten
kultivierte Nation Europas. Sie haben für Wissenschaft und Kunst
Großes geleistet, nächst den Deutscheu und Engländern das meiste. Sie
sind formgewandt in Sprache und Benehmen wie im Kunstgewerbe, zu-
verlässig in Handel und Wandel, sparsam und fleißig, huldigen aber nur«
zu gern dem äußereu Schein. Sie haben die Hälste ihres Landes in
Ackerland umgewandelt (wie kaum ein anderes Volk Europas), leider jedoch
den Waldbestand unvorsichtig vermindert; infolgedessen spült der Regen
1 Der Name der Bretagne ist abgeleitet von der lat. Bezeichnung des Landes
Biitannia minor (Klein-Britannien); diesen Namen empfing es, seitdem im 5. Jahr¬
hundert die Kelten Britannien vor ihren angelsächsischen Bedrängern (S. 46, oben)
hier Zuflucht fanden.