bO I. (Europa.
höhen des belgischen Gebirges, dem sonstigen Landbau dagegen ist das
milde Seeklima sehr förderlich. Die Niederlande eignen sich durch ihre
weiten Grasländereien vortrefflich zur Viehzucht, das sonnigere Nieder-
Belgien ist guter Weizenboden; am N.-Rand Hoch-Belgiens setzen sich
die reichen Steinkohlenlager aus Preußen fort, die hier auch Massen-
hafte Eisenerze enthalten. Zur blühenden Landwirtschaft gesellt sich in
den Niederlanden mit ihren großen Strommüuduugeu Seehandel und
Kolonialbesitz, in Belgien Großindustrie. Keins der beiden Königreiche
ist auch nur so groß wie Ostpreußen, aber sie sind beide weit dichter be-
völkert als durchschnittlich das Deutsche Reich, Belgien steht sogar mit
einer Dichte von 224 obenan unter den selbständigen Staaten Europas. *
^omit zählt das Königreich der Niederlande 5, Belgien über 6 Mill. E. *
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Der Niederungsboden beider Königreiche besteht gleich demjenigen
des benachbarten Norddeutschland aus Diluvium uud Alluvium.
Ersteres ist auch hier oft sandig, darum minder fruchtbar (in den ö.
Niederlanden oft weithin moorig), letzteres aber ist thoniger, frucht-
barer Marschboden. Die Marsch umsäumt nicht allein die Küsten,
sondern dehnt sich als Schwenungebilde der Flüsse (Flußmarsch) in
den Niederlanden weit ins Innere hinein, das breite Rheindelta und
das Scheldedelta zusammensetzend. Zu dem ganz ungegliederten
Belgien stehen die vielgegliederten Niederlande in völligem
Gegensatz. Das rührt von dem Eindringen des Meeres in die
letzteren her, das erleichtert wurde dnrch allmähliches Eintrocknen,
folglich Sinken („Sacken") des Schwemmbodens. An der schnurgerade
verlaufenden belgischen Küste ist die Kette der Sanddünen unzerbrochen,
an der niederländischen Küste aber nur in ihrem mittleren Teil. In
die vormaligen Schelde- und Rheinmündungen griff das Meer erobernd
ein und verwandelte sie in die vier Meeresarme mit höchstens
brackigem* Wasser. Die ganz flache Südersee entstand (ähnlich dem
Dollart) erst im 13. Jahrhundert, indem das Meer das Küstenstück
hinter den westlichen Frieseninseln wegrißt und den Binnensee er-
weiterte, der bis dahin an der Stelle des breiten SO. der Südersee
bestanden hatte und nur durch einen n. Abfluß mit dem Meer ver¬
bunden gewesen war. Eine bereits in der Vorzeit vollzogene Wirkung
der Überflutung ist die Zerreißung der vormaligen Nordküste der Nieder-
lande in die westfriesischen Inseln und die Verwandlung ihres
flachen Hinterlandes in Meeresboden. Die Gezeiten äußern sich hier
1 Das Süßwasser des Flusses fließt zunächst über dem Salzwasser des Meeres
aus, meugt sich dann aber mit letzterem (zumal dieses bei der Flut stromauf dringt)
und wird dadurch brackig d. h. halbsalzig.
* Dessen Bewohner hatten dem südlich von ihnen gelegenen Binnensee den
(jetzt nicht mehr zutreffenden) Namen der Südersee gegeben.